Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss

Koralnik (Benno Fürmann) ist mächtig stolz. ER hat die schwierige Ausbildung zum Profikiller für ein streng geheimes EU Programm mit Bravour bestanden. Jetzt kann er es kaum noch erwarten, seinen ersten Auftrag zugeteilt zu bekommen. Doch der heiß ersehnte Anruf will einfach nicht kommen. Ganze acht Jahre wartet Koralnik, völlig isoliert von jeglichen sozialen Kontakten und frustriert vom Nichtstun. In sein von Langeweile bestimmtes Leben kracht eines Tages die attraktive Rosa (Mavie Hörbiger), als sie Koralniks Auto rammt. Und ehe er sich versieht, hat er zum ersten Mal seit Jahren in seiner Wohnung Damenbesuch. Eine reizvolle, aber auch gefährliche Abwechslung. Doch der Umstand, dass sich Koralnik einmal nicht an die Regeln, nach denen er seit seiner Ausbildung lebt, hält, rächt sich schon sehr bald. Denn Rosa hat ganz eigene Pläne mit Koralnik und als dieser ausgerechnet jetzt seinen ersten Auftrag erhält, muss er sich gemeinsam mit seiner zwielichtigen Begleiterin auf eine turbulente Odyssee begeben, die nicht nur über seine Zukunft als Profikiller entscheiden wird…

Gerade im deutschen Kino ist Experimentierfreudigkeit nicht gerade die Regel. Viel zu oft folgen sowohl Dramen, als auch Komödien zu abgenutzen Formeln. Zwar entstehen dabei immer wieder sehr gute und unterhaltsame Filme. Aber die großen Überraschungen bleiben eben aus. Doch in jüngerer Vergangenheit haben einige Filmemacher und Produzenten den Mut bewiesen, auch Stoffe umzusetzen, die sich abseits der ausgetretenen Pfade bewegen. Und wenn ein solches Werk dann auch noch den Weg in die Kinos schaff, dann ist das ganz generell eine erfreuliche Sache, selbst wenn das Endergebnis nicht perfekt ist.

"Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss" ist das perfekte Beispiel für unangepasstes, erfrischendes Kino aus Deutschland. Mit sehr schrägem Humor, einer herrlich absurden Geschichte und einem großartigen Benno Fürmann entzieht sich der neue Film von Regisseur Florian Mischa Böder immer wieder gängigen Erzählmustern. Das Zusammenspiel von Fürmann und der wunderbar manipulativ agierenden Mavie Hörbiger sorgt für jede Menge amüsanter Momente, die durch die von einer fast schon nordischen Lakonik durchzogene Inszenierung noch intensiviert werden. Dabei gelingt Böder das Kunststück, die Figur des Koralnik trotz gewisser Überzeichnungen nicht zu einer bloßen Witzfigur zu degradieren, sondern aus ihm einen sehr interessanten Antihelden zu machen.

Dadurch, dass der Profikiller hier als sehr menschliche Figur mit ganz normalen Schwächen, Sehnsüchten und Ängsten und nicht als seelenlose Kampfmaschine porträtiert wird, macht Koralnik für die Zuschauer natürlich sehr viel zugänglicher und man ist an seiner Geschichte wirklich interessiert. Dass diese dann derart amüsant erzählt wird, macht die Sache natürlich umso angenehmer. Sicherlich ist der Film nicht frei von schwächen. Einige Momente wirken ein wenig bemüht und auch die eine oder andere Länge lässt sich nicht ganz verhindern. Doch da Florian Mischa Böder seinem Publikum eben nicht etwas allzu Bekanntes serviert, schmeckt das Ganze trotz kleinerer Punktabzüge in der Gesamtnote unterm Strich doch noch immer richtig gut.

Wer einmal sehen möchte, wie ein Profikiller unter einer Auftragsflaute zu leiden hat und wer sich auf den wohl ungewöhnlichsten Road Trip des Jahres begeben möchte, der sollte dieser überraschenden Kinokomödie auf jeden Fall eine Chance geben. Sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold