Liebe auf den ersten Schlag

Eigentlich will der 18jährige Arnaud (Kévin Azaïs) sein Leben genießen. Mit Freunden an der Strandpromenade abhängen, Mädchen aufreißen – eben all das, was man als Teenager so macht. Doch seit dem Tod seines Vaters muss er seinem älteren Bruder Manu (Antoine Laurent) dabei helfen, die kleine Familientischlerei am Laufen zu halten. Bei seinem ersten Job lernt er die kratzbürstige Madeleine (Adèle Haenel) kennen, die sich mit einem harten Überlebenstraining auf den kommenden Weltuntergang vorbereitet. Obwohl sie auf den ersten Blick keinerlei Gemeinsamkeiten zu haben scheinen, fühlt sich der zurückhaltende Arnaud sofort von dem ruppigen Mädchen angezogen. Als sich die Beiden zu einem großen Survival-Trainingscamp der Armee anmelden, nimmt ihre Beziehung eine für Beide unerwartete Wendung…

"Liebe auf den ersten Schlag" ist eine sehr ungewöhnliche Romanze, die von ihren unverbrauchten Darstellern, einigen sehr atmosphärischen Bildern und einer hübsch konstruierten Geschichte lebt. Die beiden Hauptfiguren sind sehr interessant gezeichnet. Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen, das dann auch für den deutschen Titel verantwortlich ist, scheint ganz klar zu sein, was für ein Typ Mensch sie sind: Arnaud der in den Tag hineinlebende Sonnyboy, Madeleine die burschikose Einzelgängerin. Doch nach und nach erlaubt es der Film den Zuschauern, hinter diese Fassaden zu blicken. Dabei offenbaren sich sehr authentische, vielschichtige Figuren. Wirkte es zu Beginn noch sehr unglaubwürdig, dass zwischen ihnen so etwas wie romantische Funken sprühen könnten, ist irgendwann klar: diese Beiden gehören einfach zusammen.

Regisseur Thomas Cailley liefert mit seinem mehrfach ausgezeichneten Regie-Debut einen Film ab, der sich nur schwer in eine Schublade stecken lässt. Geschickt entzieht er sich allen üblichen Klischees, ist damit weder eine klassische Teenie-Romanze, noch einfach tristes Jugenddrama oder lockere Komödie. Vielmehr ist er von allem etwas und schafft so einen erfrischend unangepassten, sehr ehrlichen Blick in die aufgewühlte Gefühlswelt junger Menschen, die verzweifelt ihren Platz im Leben suchen oder von der Angst vor einer unsicheren Zukunft daran gehindert werden, eine unbeschwerte Jugend genießen zu können. Auch wenn es einige leichte Überzeichnungen gibt, so wirken Arnaud und Madeleine doch insgesamt sehr echt, was natürlich auch an dem überzeugenden Spiel von Adéle Haenel und Kévin Azaïs liegt.

Im Mittelteil hat der Film dann mit einigen kleinen Längen zu kämpfen. Doch das wiegt am Ende nicht wirklich negativ. Denn die entwaffnende Leichtigkeit der Inszenierung auch in den etwas zäheren Momenten und der ansteckende Charme der Hauptdarsteller trösten über so manch spürbare Schwäche hinweg. Doch auch wenn dem Film am Ende das gewisse Etwas fehlt, das ihm gerade für jüngere Zuschauer eine nachhaltigere Wirkung oder sogar einen kleinen Kultstatus bescheren könnte, so ist "Liebe auf den ersten Schlag" doch das beste Beispiel dafür, dass Filme über Jugendliche, ihre Sorgen, ihre Träume und ihre Liebe, nicht nur für ein junges Publikum funktionieren können und dabei tiefgründig und unterhaltsam zugleich sein können. Und dafür gibt es ein klares: Absolut empfehlenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold