Vor genau 60 Jahren spielte sich Romy Schneider das erste Mal als Kaiserin Sissi in die Herzen von einem Millionenpublikum. Ein Jubiläum, das unbedingt gebührend zelebriert werden muss. Wer glaubt, dass dies mit dem Frankfurt-Gastspiel des Musicals "Elisabeth" im Dezember geschehen wird, der irrt gewaltig. Denn schon ab dem 06. Oktober wird "Sissi" im Theatrallalla auf ganz besondere Art gefeiert. Für das Jubiläum hat sich Intendant Thomas Bäppler-Wolf das Stück "Sissi – Beuteljahre einer Kaiserin" aus der Feder von Walter Bockmayer ausgesucht. Der im Oktober 2014 leider verstorbene Autor und Regisseur, der als Entdecker und Förderer von Dirk Bach, Hella von Sinnen oder auch Ralph Morgenstern galt, war nicht erst seit seinem Film "Die Geierwally" bekannt für seinen sehr schrägen, unangepassten Humor. Seine Stücke, zu denen auch etwas andere Versionen der Opern "Carmen" und "La Traviata" gehören, sind bunt, schrill und schräg. Das mag nicht jedem Liebhaber von geistiger Hochkultur gefallen, doch nicht ohne Grund hört man in Verbindung mit dem Namen Walter Bockmayer auch das Wort Kult.
Im Theatrallalla ist seine "Sissi" wirklich gut aufgehoben. Schon bei den Proben hatten die vier Darsteller Bäppi La Belle, Viktor Vössing, Pierre Humphrey und Thomas Koob, die alle 12 Rollen spielen, mächtig viel Spaß. Vössing etwa genießt es, dass er hier auch mal improvisieren kann, wenn einem danach ist, und dass er auf der Bühne endlich mal richtig die Sau rauslassen kann. Und Thomas Koop freut sich, dass er in dieser "Kostümorgie" zum ersten Mal Fummel tragen darf. Der Spaß, den die Vier schon bei den Proben hatten, ist dann auch auf der Bühne spürbar und überträgt sich dadurch auch schnell aufs Publikum. Das Stück mag ausgemachter Blödsinn sein – aber gerade hemmungsloser Blödsinn kann richtig viel Spaß machen. Und in dieser Hinsicht liefern Bäppi und Konsorten gut ab.
Schon die Story ist herrlich absurd: Sissi bekommt ein Kind, das, wie sich später herausstellt, nicht von Kaiser Franz Joseph, sondern von Ludwig II gezeugt wurde, der eigentlich schwul ist. Das Geheimnis will Sissi ganz besonders vor ihrer herrischen Schwiegermutter verheimlichen. Doch dann wird das Kind nach Ungarn entführt und Marika Rökk muss als Retterin in der Not einschreiten. Ach ja, und einer der Beteiligten erweist sich als Vampir…
Die nicht gerade besonders umfangreiche Geschichte wurde für diese Inszenierung mit etlichen Musiknummern in eine Art Musical umgewandelt. Die Auswahl der Lieder, deren Texte mitunter an das Stück angepasst wurden, ist dabei genauso unangepasst und schräg, wie der Rest der Inszenierung. Da trifft schon mal die "Rocky Horror Show" auf Marika Rökk, Stimmungsschlager wie "Cowboy und Indianer" auf dramatische Musical-Hymnen aus "Tanz der Vampire" oder Hape Kerkelings wunderbares "Winterzeit in Wien" auf eine ganz eigene Version von Dorthes 60er Jahre Schlager "Wärst Du doch in Düsseldorf geblieben". Dazu gibt es zahlreiche Kostüm- und Rollenwechsel und vier Darsteller, die sich auf der Bühne so richtig schön austoben. Dabei ist sich Thomas Bäppler-Wolf durchaus bewusst, dass sich an diesem Werk die Geister scheiden werden. Romy Schneider Fans bietet er daher auch nach dem Stück seelsorgerische Unterstützung an. Doch die ist nicht wirklich nötig. Denn wenn man sich darauf einlässt, dass hier keine gradlinige Hochkultur, sondern einfach ausgelassener Quatsch geboten wird, dann macht "Sissi – Beuteljahre einer Kaiserin" ganz großen Spaß. Und die einzige Behandlung, die man dann nach knapp zwei Stunden benötigt, ist höchstens eine Entspannung für die überstrapazierten Lachmuskeln.
Man darf sich also auf einen bunten, schrillen und herrlich absurden Abend freuen. Dabei verspricht Bäppi La Belle, dass jede der Aufführungen anders sein wird, da sich das Stück ständig weiterentwickelt und von seinen spontanen Improvisationen lebt. Da der Vorverkauf sehr gut läuft, sollten Sie sich schnell ein Ticket für diese überdrehte Musical-Comedy sichern. Denn so viel Spaß hat "Sissi" noch nie gemacht!
(Text von Sebastian Betzold)
