Capital C

Im Bereich Kino kann man es besonders gut beobachten: gerade die großen Studios gehen derzeit auf Nummer Sicher. Statt neuen Ideen oder Nischenproduktionen eine Chance zu geben, konzentriert man sich auf Fortsetzungen, Reboots, Remakes oder Spin-Offs. Die sind zwar nicht zwangsläufig schlecht, sorgen aber dafür, dass sich eine gewisse Mutlosigkeit und fehlende Originalität bemerkbar machen. Hier greift das Prinzip Crowdfunding. Filmemacher, die ihre Ideen abseits des Mainstream verwirklichen wollen oder Regisseure, die ihre TV-Serien auf die große Leinwand bringen wollen, wenden sich direkt an die Fans, die, sofern der Bedarf existiert, diese Projekte dann mitfinanzieren können. Diese Idee lässt sich dann natürlich auch auf viele andere Bereiche übertragen, von Videogames über das Design von Spielkarten, Musik oder lustige Design-Ideen, an welche große Firmen einfach nicht glauben, die aber beim Endkunden durchaus gut ankommen. Dass der Kunde/Fan/Zuschauer/Spieler direkt an der Entstehung eines Produkts beteiligt ist, macht solche Crowdfunding-Projekte zu etwas ganz Besonderem.

Die Dokumentation "Capital C" widmet sich jetzt diesem Thema, indem sie einige Experten ganz allgemein zu Wort kommen lässt und sich drei sehr unterschiedliche Crowdfunding-Projekte einmal genauer anschaut. Da wäre Zach Crain, der mit Freaker USA, gestrickten Überziehern für Trinkflaschen, im Internet zum Hit wurde und sogar eine Einladung zur US-Version der TV-Show "Die Höhle der Löwen" erhalten hat. Doch die übermächtige Konkurrenz und ein Einbruch in der Freaker-Zentrale könnten diesem Projekt schnell ein Ende bereiten. Ein weiterer Kickstarter ist Brian Fargo, der in den 1980ern mit dem Videospiel "Wasteland" große Erfolge feiern konnte und jetzt die von Fans lange ersehnte Fortsetzung über Crowdfunding realisieren möchte. Ob die Nachfrage groß genug ist, um die Finanzierung auf die Beine stellen zu können? Und schließlich steht auch Jackson Robinson im Zentrum der Dokumentation, der mit handgezeichneten Pokerkarten durchstarten möchte. Aber existiert dafür überhaupt ein Markt?

Timon Birkhofer und Jørg M. Kundinger haben selbst eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um diese extrem unterhaltsame Dokumentation auf die Beine zu stellen. Bei der Umsetzung haben sie nahezu alles richtig gemacht. Ihr Film ist informativ und unterhaltsam, zeigt wunderbar, welche Möglichkeiten im Crowdfunding stecken, ohne die durchaus existierenden Schattenseiten zu verschweigen. Mit hervorragendem Timing, einer Prise Humor und einem gut ausgewählten Soundtrack schicken sie den Zuschauer auf eine mitreißende Reise vom Start bis zum (vorläufigen) Ende dreier spannender Projekte, die eindrucksvoll zeigen, was mit Einfallsreichtum, Kreativität und viel Arbeitseinsatz erreicht werden kann.

"Capital C" ist ein Muss für Jeden, der sich mit dem Thema Crowdfunding beschäftigen möchte. Der Film gibt wertvolle Tipps von Fachleuten, zeigt aber eben auch an Praxisbeispielen, wie schwer die Verwirklichung eines solchen Projekts sein kann und welcher Druck durch die Verantwortung, die man seinen Investoren gegenüber hat, entstehen kann. Dass dies dann auch noch auf derart kurzweilige Weise vermittelt wird, macht dieses Fazit unvermeidbar: Absolut sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold