Das perfekte Geheimnis

Ob das so eine gute Idee war? Als bei einem gemeinsamen Abendessen unter Freunden von einem Bekannten gesprochen wird, dessen Freundin ihn verlassen hat, nachdem sie in seinem Handy verräterische Fremdgeh-Nachrichten gefunden hat, gipfelt die daraus resultierende Diskussion über Ehrlichkeit in einem brisanten Spiel: Alle legen ihre Smartphones auf den Tisch, und während des gesamten Abendessens werden alle eingehenden Nachrichten vorgelesen, sämtliche Telefonate auf laut gestellt und alle WhatsApp Nachrichten gezeigt. Klingt lustig? Ist es zu Beginn auch – bis sich die ersten delikaten Geheimnisse offenbare und die scheinbar perfekte Fassade des Freundeskreises zu bröckeln beginnt. Ob sie alle noch als Paare und Freunde das essen verlassen werden, steht da bald schon in den Sternen… 

"Das perfekte Geheimnis" ist inspiriert vom italienischen Kinofilm "Perfetti Sconosciuti" von Paolo Genovese aus dem Jahr 2016 (allein in Italien 2,7 Mio. Besucher). In zahlreichen Ländern wie Frankreich, Spanien, Korea oder der Türkei wurde der Film adaptiert und avancierte zu einem weltweiten Phänomen. In Deutschland wurde bislang nur die französische Version "Le Jeu" von Fred Cavayé auf Netflix veröffentlicht. Im direkten Vergleich schneidet die Version von "Fack Ju Göthe"-Regisseur Bora Dagtekin besser ab, da sie gerade in den komödiantischen Momenten ein besseres Timing hat. Ansonsten sind die Filme aber bis zum letzten Akt nahezu identisch – abgesehen von der gleichen penetranten Art, Schleichwerbung zu platzieren, die schon in "Fack Ju Göthe" negativ aufgefallen ist. Aber wie auch beim Humor scheint Dagtekin einfach kein Freund der subtilen Art zu sein. 

Ja, die Gags sind bisweilen etwas zu platt, werden aber von den herrlich bissigen Dialogen an anderer Stelle wieder gerettet. Insgesamt lebt der Film aber von seiner Grundidee und von dem gut gelaunten Ensemble, bei dem insbesondere der etwas gegen den Strich besetzte Elyas M’Barek und Florian David Fitz überzeugen können. Die Spielfreude der Darstellerinnen und Darsteller steckt an und sorgt auch bei etwas schwächeren Momenten für einen hohen Unterhaltungswert. Zudem erwischt man sich als Zuschauer immer wieder selbst dabei, zu überlegen, was man auf seinem Smartphone lieber geheim halten würde und wie sehr man dem eigenen Partner vertraut. Welche Geheimnisse könnte er/sie haben? Möchte man wirklich alles wissen? Oder welche Geheimnisse könnten die eigene Beziehung wirklich in ihren Grundfesten erschüttern? 

Man merkt auch "Das perfekte Geheimnis" an, warum die Ausgangsidee des italienischen Originals so universell gut funktioniert und überall auf so großes Zuschauerinteresse stößt. Ob dieses deutsche Remake nun mit seinem ganz eigenen Ende zu den gelungeneren Versionen gehört, sei an dieser Stelle dahingestellt. Fakt ist, dass das Finale des Originals mit seiner Wendung deutlich interessanter und auch gesellschaftskritischer ist. Dagtekin, der sich trotz vieler fast identischer Dialoge im Vergleich zum französischen Remake erstaunlicherweise als alleiniger Drehbuchautor nennt, serviert seinen Zuschauern lieber ein klar strukturierteres Happy End. Irgendwie schade. Trotzdem ändert das wenig daran, dass der Film eine kurzweilige Komödie mit einigen Schwächen, aber auch mit viel Diskussionspotential ist. Dafür gibt es dann, mit kleinen Abzügen in der B-Note, durchaus ein verdientes: Sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold