Bis zu ihrer Auflösung im Jahr 2008 gehörte die Band Leningrad um die russische Punk-Legende Sergej "Shnur" Shnurov zum wahrscheinlich Besten, was die russische Musikszene zu bieten hatte. Die ehrlichen, provokanten Texte, die sich der Regierung gegenüber völlig respektlos gezeigt haben und schamlos mit sehr deutlichen Flüchen und Straßen-Jargon angereichert waren, sprachen gerade der Jugend aus dem Herzen. Besonders bei ihren Live-Konzerten konnte sich die Energie von Leningrad, deren genaue Größe nie wirklich definiert war, voll entfalten.
Die Dokumentation "Leningrad – Der Mann, der singt" zeigt etliche Konzertausschnitte und lässt Shnurov, ehemalige Bandmitglieder, Fans aber auch Kritiker zu Wort kommen. Dadurch entsteht, so man die Musikrichtung von Leningrad mag, eine echte Gute-Laune-Dokumentation, die ganz nebenbei so großartige Weisheiten offeriert wie: "Egal, wohin man einen Künstler küsst, man trifft immer den Arsch". Daneben ist der Film aber auch ein interessantes Zeugnis der russischen Gesellschaft, der Ablehnung gerade der Jugend dem Regime gegenüber und der Untergrund-Kultur des Landes.
Zwar gibt es gerade gegen Ende hin einige inhaltliche Wiederholungen, die ein wenig ermüdend wirken und Shnurovs abschließendes Statement ist von deutlicher Selbstüberschätzung durchzogen, aber insgesamt ist "Leningrad – Der Mann, der singt" eine sehr unterhaltsame Musikdokumentation, die Liebhabern von russischem Punk mehr als nur ans Herz gelegt werden kann!
Ein Artikel von Sebastian Betzold