Premium Rush

Die Karriere von Joseph Gordon-Levitt scheint dieses Jahr einen ersten Höhepunkt erreicht zu haben. Nach Rollen in den Kritiker- und Publikumslieblingen "The Dark Knight Rises" und "Looper" legt er jetzt mit dem Actionthriller "Premium Rush" nach. Dieser ist zwar qualitativ nicht ganz so überzeugend ausgefallen, wie die beiden anderen Filme, bietet aber gerade auch aufgrund des routiniert guten Spiels von Gordon-Levitt gute Popcorn-Unterhaltung mit einigen ordentlichen Spannungsmomenten und Schauwerten.

"Premium Rush" spielt in der nicht ganz ungefährlichen Welt der Fahrradkuriere von New York. Wer in dem harten Geschäft erfolgreich sein will, darf sich nicht um Verkehrsregeln scheren und muss auch Schrammen, blaue Flecken und andere Verletzungen in Kauf nehmen. Wilee (Joseph Gordon-Levitt) gehört zu den Besten seiner Zunft. So flink und geschickt wie er fährt kaum ein Zweiter das Fixie, jenes extrem leichte Fahrrad mit nur einem Gang und ohne Bremse. Und so wundert sich Wilee auch nicht, als er explizit für eine "Premium Rush"-Lieferung verlangt wird. Als er diese von einer ehemaligen Kommilitonin an der Uni entgegen nimmt, ahnt er nicht, dass er damit ins Fadenkreuz von gefährlichen Verbrechern geraten ist, die ihn nun auf einer Hetzjagd quer durch New York nach seiner Lieferung und seinem Leben trachten. Doch Wilee hat nur ein Ziel: seinen Auftrag fristgerecht abwickeln, koste es, was es wolle…

David Koepp, Drehbuchautor von Blockbustern wie "Jurassic Park", "Spider-Man" oder "Mission: Impossible" hat sich für "Premium Rush" nach vier Jahren Pause wieder einmal auf den Regiestuhl gesetzt, um sein actionreiches Drehbuch selbst in Szene zu setzen. Herausgekommen ist kein besonders forderndes Kopfkino, sondern in erster Linie Futter für die Augen. Wenn Wilee auf seinem Rad auf äußerst waghalsige Art über die Straßen von New York rast, dabei stets seinen Verfolger (Michael Shannon) im Nacken hat, dann kann das auch beim Zuschauer für so manchen Adrenalinschub sorgen.

Die Geschichte selbst, die mit Hilfe verschiedener Rückblenden erzählt wird, ist sicherlich weder besonders clever, noch wirklich originell. Einige Versatzstücke, wie Wilees problematische Beziehung zu seiner Kollegin und Ex Vanessa (Dania Ramirez) ist Klischee pur und eigentlich nur unnötiges Füllmaterial. Und auch das, was sich hinter der geheimnisvollen Lieferung verbirgt, ist am Ende weitaus weniger spektakulär, als das zunächst den Anschein haben mag. Doch da "Premium Rush" in erster Linie von seiner Action lebt und diese wirklich ansehnlich in Szene gesetzt wurde, fallen die dramaturgischen Schwächen auch kaum negativ ins Gewicht.

Es ist ein Zeugnis vom Talent von Joseph Gordon-Levitt, dass er auch eine eher flach gezeichnete Rolle auf sehr einnehmende Art verkörpern kann, sie mit einer Mischung aus Lässigkeit und Ehrgeiz mit Leben erfüllt, wodurch es einfach Spaß macht, ihm dabei zuzusehen. Selbst der Oscar nominierte Michael Shannon ("Zeiten des Aufruhrs") wird von seinem jungen Kollegen regelrecht an die Wand gespielt, obgleich auch Shannons arg überdrehtes Spiel irgendwie sehr unterhaltsam anzuschauen ist.

"Premium Rush" ist nicht der ganz große Wurf und wird garantiert auch in keiner Bestenliste diesen Jahres auftauchen. Der Film bietet aber mehr als solide Unterhaltung, toll inszenierte Verfolgungsjagden und einen überzeugenden Hauptdarsteller. Wer dazu noch Logik und eine originelle Geschichte möchte, der wird sich wohl kaum von den Abenteuern des Fahrradkuriers Wilee mitreißen lassen können. Wem aber die einfach, aber schmackhaft servierten Zutaten ausreichen, der wird gut unterhalten das Kino verlassen – und bei der nächsten Tour mit dem Fahrrad garantiert nicht den Helm vergessen! Sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold