The Drop – Bargeld

Überall in ganz Brooklyn verteilt dienen einige Bars dem organisierten Verbrechen als "money drop". Ohne große Vorankündigung werden an einem Abend in einer solchen Bar große Geldbeträge von den Mafiabossen "geparkt", die dann am Ende der Nacht abgeholt werden. Bob Saginowski (Tom Hardy) arbeitet in einer dieser Bars, die einst seinem Cousin Marv (James Gandolfini) gehörte. Jetzt leitet Marv den Laden nur noch für die Mafia und hat dabei jeden Funken Freude an seiner einstigen Leidenschaft verloren. Richtig unangenehm wird es aber erst, als die Bar eines Tages überfallen wird. Denn nicht nur, dass der Besitzer der Bar das gestohlene Geld von Marv zurückverlangt. Jetzt interessiert sich auch noch die Polizei für den Laden. In dieser Situation passt es Bob eigentlich gar nicht, dass er sich plötzlich um einen neuen Mitbewohner kümmern muss. Doch als er eines Abends auf dem Nachhauseweg in einer Mülltonne einen übel zugerichteten Welpen findet, bringt es der Einzelgänger nicht übers Herz, den Hund seinem Schicksal zu überlassen. Mit Hilfe der verschlossenen Nadia (Noomi Rapace), vor dessen Haus er den Hund gefunden hat, will sich Bob um das kleine Wesen kümmern. Und es dauert nicht lange, bis sich die Beiden dabei näher kommen. Doch das ruft Nadias gewalttätigen Ex Eric (Matthias Schoenaerts) auf den Plan. Die Zeiten, in denen Bob ein ruhiges, unauffälliges Leben im Schatten der Gesellschaft führen konnte, sind spätestens jetzt endgültig vorbei… 

"The Drop - Bargeld", das US-Debüt von Regisseur Michaël R. Roskam, erweckt in den ersten Minuten den Eindruck, eine Mischung aus klassischem Gangsterthriller und charakterorientierter Milieustudie zu sein. Doch dann nimmt die auf einer Kurzgeschichte von Dennis Lehane ("Mystic River", "Gone Baby Gone") basierende Handlung mit dem Fund des kleinen Pit Bull Welpen eine etwas andere Wendung. Der Thriller wird mehr und mehr zur Charakterstudie eines ruhigen Einzelgängers, zu einer ungewöhnlichen Romanze und zu einem ruhigen Sozialdrama, das in bedrückender Atmosphäre auf einen überraschenden Höhepunkt zusteuert.

Es ist diese Mischung, angereichert mit einer Prise sehr leisen Humors, die den Film trotz seiner enormen Langsamkeit absolut mitreißend macht. Roskam gibt dabei besonders Hauptdarsteller Tom Hardy genügend Raum, sein Talent hier voll zu entfalten. Dabei wirkt es zunächst so, als sei Bob eine eher eindimensionale, klar gezeichnete Figur. Doch Hardy macht zunächst auf sehr subtile, am Ende aber auf überraschend drastische Art deutlich, dass dies eben nicht der Fall ist. Damit steht er auch repräsentativ für die große Stärke des Films, der seine anfänglich klar definierte Rollenverteilung immer mehr in Frage stellt und die Grenzen zwischen Gut und Böse, zwischen Recht und Unrecht immer stärker verschwimmen lässt.

Das ist dann auch der vornehmliche Grund, weshalb die Geschichte trotz der sehr getragenen Erzählweise bis zum Ende hin extrem spannend ist. Sicherlich, Thriller-Fans, die für gute Unterhaltung Tempo, Action und viel Blut brauchen, werden hier sicherlich schnell gegen extreme Langeweile ankämpfen müssen. Doch wer erwachsenes, charakterorientertes Genrekino schätzt, der kommt hier voll und ganz auf seine Kosten. Denn atmosphärisch wie auch – dem viel zu früh verstorbenen James Gandolfini sei Dank – schauspielerisch spielt dieses Gangsterdrama ganz klar in der Ersten Liga. Und dafür gibt es ein ganz klares: Sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold