The Last Duel

Das Duell zwischen Jean de Carrouges (Matt Damon) und Jacques Le Gris (Adam Driver) war das letzte in Frankreich gerichtlich angeordnete Duell. Es war ein Kampf zweier ehemaliger Freunde, die durch Machtkämpfe und Neid zu erbitterten Feinden wurden. Als Carrouges erfährt, dass seine Frau Marguerite (Jodie Comer) vergewaltigt wurde, zieht er in Paris vor Gericht, um seinen einstigen Freund vor dem König zum Duell herauszufordern. Dabei geht es ihm vorrangig um seine Ehre. Doch auch, wenn ihr im falle einer Niederlage ihres Mannes selbst der Tod droht, ist Marguerite nicht bereit, zu schweigen und Le Gris davonkommen zu lassen. Und so legt der Zweikampf auf Leben und Tod das Schicksal aller drei in Gottes Hand.

"The Last Duel" ist der neue Film von Ridley Scott, der auf wahren Begebenheiten beruht. Das titelgebende Duell fand am 29. Dezember 1386 statt und ist recht gut überliefert. Autor Eric Jeger hat 2004 ein Buch über diesen Zweikampf veröffentlicht, der auch als Vorlage für diesen Film diente. Scott teilt seinen Film in drei Kapitel auf, in denen die Ereignisse aus jeweils anderer Sicht erzählt werden. Zunächst wird die "Wahrheit aus Sicht von Jean de Carrouges" berichtet, gefolgt von der von Jacques Le Gris. Kapitel Drei schließlich ist dann die "Wahrheit aus Sicht von Marguerite", was dann in einer eindeutigen Positionierung kurz als "Die Wahrheit" tituliert wird.

Obgleich sich durch diese Erzählweise einige Szenen wiederholen, ist der Film bei einer stattlichen Laufzeit von rund zweieinhalb Stunden nie langweilig. Denn gerade die unterschiedliche Sichtweise auf die Ereignisse macht das Ganze extrem mitreißend und auch spannend. Mal sind die Unterschiede nur minimal, drücken sich in einer veränderten Mimik oder im anderen Tonfall des Gesagten aus. Die Auswirkung, die auch solche kleinen Differenzen auf das große Ganze haben, sind allerdings enorm und machen die eigentliche Genialität der Inszenierung, aber auch des Drehbuchs aus der Feder von Ben Affleck, Matt Damon und Nicole Holofcener aus.

Besonders hervorgehoben werden muss hier auch das Spiel aller Beteiligten. Denn gerade Jodie Comer, Matt Damon und Adam Driver müssen ihre Figuren je nach Perspektive anders anlegen – mal in Nuancen, in einigen Szenen aber auch komplett anders. Während etwa Jean de Carrouges sich selbst als ritterlichen Helden und fürsorglichen Gatten sieht, sehen das Le Gris, aber auch seine Frau Marguerite ganz anders. Hier lohnt es sich wirklich, in jeder Szene auf noch so kleine Unterschiede in Mimik, Gestik und Sprache zu achten, um zu erkennen, wie gut "The Last Duel" ist. Es ist ein Film aus einer düsteren Vergangenheit, in der Vergewaltigung nicht als Verbrechen an einer Frau, sondern an ihrem Mann galt, in der das Wort einer Frau so gut wie kein Gewicht hatte (vor allem dann nicht, wenn es "Nein" war) und in der Konflikte nicht mit Vernunft und Gerechtigkeit, sondern durch Gewalt gelöst wurden. Und leider, leider ist während des Ganzen Films eine gewisse Aktualität nicht zu verleugnen.

So hat Ridley Scott nach einigen guten (und auch einigen weniger guten) Unterhaltungsfilmen mal wieder ein Werk mit echter Substanz geschaffen, das nachdenklich stimmt, Dank seiner visuellen Umsetzung und des großartigen Ensembles aber auch zu unterhalten weiß. Ein klarer Fall von: Absolut sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold