Triple 9

In einigen Vierteln von Atlanta hat der Rechtsstaat keine Chance mehr. Hier regieren rivalisierende Gangs und die übermächtige Russenmafia. Wer hier überleben möchte, muss sich den von Verbrechen, Korruption und Mord dominierten Gegebenheiten anpassen. Für Idealisten ist das hier ein tödliches Pflaster. Und so ist es auch wenig verwunderlich, dass sich eine Gruppe von Cops zusammengetan hat, um für die skrupellose Mafia-Chefin Irina Vlaslov (Kate Winslet) Banken auszurauben. Doch Geld ist für die mächtige Frau nicht genug. Und so erhöht sie den Druck auf die Polizisten, damit diese ihr etwas sehr viel Wertvolles, besser Bewachtes stehlen. Um diesen riskanten Raubzug erfolgreich und unbeschadet absolvieren zu können, müsste die gesamte Polizei von Atlanta abgelenkt sein. Das geht nur, wenn der Code "999" aktiviert wird. Doch dafür muss ein Polizist im Dienst sterben…

Regisseur John Hillcoat hat sich mit dem apokalyptischen Drama "The Road" und dem exzellenten Western "Lawless" als meisterhafter Erzähler von Geschichten jenseits des Mainstreams erwiesen. Seine Inszenierungen sind bisweilen etwas sperrig, aber immer auf eine ganz besondere Art faszinierend. Daher wurde sein Crimethriller "Triple 9" auch von Vielen sehnlichst erwartet – zumal Hillcoat ein erstklassiges Ensemble aus Kino (Kate Winslet, Casey Affleck, Woody Harrelson, Anthony Mackie, Gal Gadot) und TV (Norman Reedus, Aaron Paul) vor der Kamera versammeln konnte. Etwas anderes als ein Meisterwerk schien da eigentlich ausgeschlossen. Doch das hat Hillcoat leider nicht abgeliefert.

Keine Frage, der Film ist handwerklich sehr gut inszeniert und hat einige ganz starke Spannungsmomente und ordentliche Actionsequenzen zu bieten. Doch dazwischen mäandert eine arg unausgegorene Story mit zu vielen Handlungssträngen etwas zu behäbig vor sich hin, ohne den Zuschauer wirklich an die Geschichte und ihre Figuren fesseln zu können. Ist man in den ersten Minuten noch absolut gefesselt, dominieren später langatmig umgesetzte  Charaktermomente und überfrachtete Handlungswendungen das Geschehen. Es scheint fast so zu sein, als habe Hillcoat zu krampfhaft versucht, sich nicht auf Mainstream-Terrain zu begeben, woran er in diesem Fall leider gescheitert ist.

Die Schauspieler sind fast durchweg überzeugend, wobei einige Darsteller etwas zu überzogen agieren. Das wird von einem gewohnt souveränen Woody Harrelson, einem wirklich guten Casey Affleck und einer herrlich kaltherzigen Kate Winslet aber gekonnt ausgeglichen. Doch auch das hervorragende Ensemble und die bedrückend authentische Atmosphäre können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte nicht so spannend erzählt wird, wie das angesichts der wirklich guten Ausgangssituation möglich gewesen wäre. Ein mitreißender Anfang und ein fulminanter Showdown reichen einfach nicht aus, um aus diesem Werk den großartigen Thriller zu machen, der hier irgendwo versteckt ist.

Wer anspruchsvolle Crime-Thriller mag und dabei über einige deutliche Längen hinwegsehen kann, der wird die offensichtlichen Qualitäten von "Triple 9" sicherlich zu schätzen wissen. Doch wer auf durchgängige Spannung und viel Action hofft, der wird hier bitter enttäuscht werden. Daher gilt: Trotz vieler guter Zutaten nur ein eher fades Süppchen und daher auch nur mit Abstrichen sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold