Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | A Perfect Day |
Genre: | Komödie, Drama |
Regie: | Fernando León De Aranoa |
Kinostart: | 22.10.2015 |
Produktionsland: | Spanien 2015 |
Laufzeit: | ca. 106 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.aperfectday.x-verleih.de |
Bei ihrer Arbeit für eine internationale Hilfsorganisation in Kriegsgebieten haben Mambrú (Benicio Del Toro) und B (Tim Robbins) schon fast alles gesehen. Während B auf verminte Kühe, verbohrte Blauhelmsoldaten oder wenig hilfsbereite Einheimische mit wachsendem Zynismus reagiert, hat sich Mambrú eine Schutzweste aus fast stoischer Gelassenheit zugelegt. Und mit diesen Eigenschaften widmen sie sich auch ihrer neuesten Aufgabe: einen Toten aus einem Brunnen zu holen, bevor die Leiche das Wasser verseucht. Doch das ist leichter gesagt, als getan. Denn das Seil reißt und ein neues ist fast unmöglich zu beschaffen. Zudem müssen sie sich auch noch um die unerfahrene und von fast naivem Idealismus getriebene Sophie (Mélanie Thierry) kümmern, für die diese Bergung der erste Einsatz ist. Und als dann auch noch Mambrús Ex-Geliebte Katya (Olga Kurylenko) auftaucht, um die Arbeit der Hilfsorganisation zu überprüfen, ist endgültig Schluss mit lustig. Ein perfekter Tag eben…
Mit "A Perfect Day" versucht sich Regisseur Fernando León De Aranoa an einer sehr schwierigen Gratwanderung: er will eine Geschichte über den Krieg erzählen und den verzweifelten Kampf einiger engagierter Menschen, in Zeiten von allgegenwärtigem Leid, Tod und Hass so etwas wie Hoffnung und Frieden ins Land zu bringen. Es scheint ein Kampf gegen Windmühlen zu sein, der ihnen auch abverlangt, gegen die eigene Verzweiflung, Entmutigungen und Heimweh zu bestehen. Das ist harter Tobak, den der Filmemacher möglichst realitätsnah vermitteln möchte. Gleichzeitig soll das Ganze eine Komödie mit satirischen Untertönen sein. Ein Werk, in dem sich die Leichtigkeit der Dialoge und des Humors gegen die Schwere der Geschichte behauptet. Da die richtige Balance zu finden, ist äußerst schwer.
Doch das in Zusammenarbeit mit Diego Farias entstandene Drehbuch, die sensible, gleichzeitig aber auch sehr bissige Inszenierung und das hervorragende Spiel der Darsteller sorgen dafür, dass es Fernando León De Aranoa gelingt, den perfekten Ton zu treffen. Dabei bringt er seine Zuschauer mehrfach zum herzhaften Lachen, nur um dann Szenen folgen zu lassen, die in ihrer realen Absurdität dieses Lachen im Halse stecken bleiben lassen, oder die in ihrer Grausamkeit direkt in die Magengrube treffen. Das gilt insbesondere für eine Sequenz, in der Mambrú und Sophie einem Jungen einen Fußball aus dessen ehemaligem Haus holen wollen. Die Ereignisse um diese Szene herum stecken voller absurder Komik, doch die Entdeckung, die dann im Haus folgt, ist extrem erschütternd und voller grausamer Traurigkeit.
Es ist eine grandiose Leistung, dass das Gesamtbild des Films dennoch vom Ton her passend und emotional absolut stimmig wirkt. Wenn man den Mitarbeitern der Hilfsorganisation bei ihrer Odyssee rund um die Suche nach einem einfachen Seil folgt, möchte man glauben, dass all dies nur eine völlige Überzeichnung ist. Doch anhand dieses sehr simplen Beispiels macht der Film eindrucksvoll deutlich, auf wie vielen Ebenen ein Krieg tatsächlich geführt wird und dass auch sogenannte Friedensmissionen echter Hilfe manchmal eher im Weg stehen, als sie tatsächlich zu bieten. Ein unterhaltsamer wie wichtiger Film mit hohem Kultpotential, der durchaus das Zeug dazu hat, der "M.A.S.H." einer neuen Generation zu werden. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold