Mit "Bal - Honig" liefert Regisseur Semih Kaplanoğlu den dritten Teil seiner chronologisch rückwärts erzählten Yusuf-Trilogie ab. Im abschließenden Film ist Yusuf also ein kleiner Junge (wunderbar gespielt von dem achtjährigen Bora Atlaş), der mit seinen Eltern in den Bergen im Nordosten der Türkei lebt. Yusuf bewundert seinen Vater, den Imker Yakup, dessen Beruf mit einigen Gefahren verbunden ist. Schließlich muß er, um den begehrten schwarzen Honig der Rize-Region gewinnen zu können, seine Bienenkörbe hoch in den Bäumen aufhängen. Gerne begleitet Yusuf seinen Vater zur Arbeit, lernt er dabei doch viel über die Geheimnisse der Natur kennen. Doch als die Bienen aus der Region verschwinden und Yakup weiter in die benachbarte Region wandern muß, bleibt Yusuf mit seiner Mutter zurück und wartet auf die Rückkehr seines Vaters. Doch die Tage vergehen und keine Spur von Yakup…
Auf der Berlinale wurde "Bal - Honig" mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Warum, kann eigentlich nur erahnt werden. Sicherlich, die Bildsprache des Films ist großartig. Kaplanoğlu verlässt sich nicht auf Dialoge, sondern lässt seine Bilder sprechen. Die Natur, das Knarren der Bäume, das Surren der Bienen, das sind die Stimmen, mit denen der Film spricht. Doch so faszinierend das auch sein mag, so macht dies den Film doch auch zu einer etwas ermüdenden Angelegenheit.
Denn so schön "Bal - Honig" auch anzusehen ist und so wunderbar auch die Darsteller, besonders Bora Atlaş, auch sind, so reicht das einfach nicht aus, um den Film über seine Laufzeit von knapp 100 Minuten zu tragen. Sicherlich gibt es zahlreiche Arthaus-Liebhaber, die sich derart in der Bildsprache des Films werden verlieren können. Und diesen Zuschauern, die auch den Gewinn des Goldenen Bären nachvollziehen können, wird sich vielleicht auch das gewisse Etwas erschließen, das dieses Werk so besonders, so schön macht. Doch es kann davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um eine recht übersichtliche Zielgruppe handelt. Alle Anderen werden zwar die schönen Bilder und die guten Darsteller anerkennen können, werden aber spätestens nach der Hälfte des Films garantiert des Öfteren von gnadenloser Langeweile überwältigt werden, was die Emotionalität des Endes durchaus schwächt.
Daher gilt: Für Arthaus-Liebhaber, die Langsamkeit und Stille im Film lieben, ist "Bal - Honig" garantiert ein ganz besonderes Erlebnis. Alle Anderen sollten sich nicht nur auf tolle Bilder, sondern auch auf gehörige Langeweile einstellen.
Ein Artikel von Sebastian Betzold