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Blau ist eine warme Farbe

Blau ist eine warme Farbe

Frankreich 2013 - mit Léa Seydoux, Adèle Exarchopoulos, Salim Kechiouche, Mona Walravens ...

Die Frankfurt-Tipp Bewertung:

Filminfo

Originaltitel:La vie d`Adèle
Genre:Drama
Regie:Abdellatif Kechiche
Kinostart:19.12.2013
Produktionsland:Frankreich 2013
Laufzeit:ca. 179 Min.
FSK:ab 16 Jahren
Webseite:blauisteinewarmefarbe.de/

Adèle (Adèle Exarchopoulos) führt ein recht unaufgeregtes Teenagerleben. Sie liest gerne, redet mit ihren Freundinnen über Jungs und träumt davon, einmal Lehrerin zu werden. Mit ihrem gutaussehenden Mitschüler Thomas scheint sie dann auch die erste Liebe gefunden zu haben. Doch schnell merkt Adèle, dass ihr irgendetwas fühlt. Das gewisse Prickeln, das sie gespürt hat, als sie auf der Straße eine junge Frau mit kurzen, blaugefärbten Haaren gesehen hat oder als sie völlig unerwartet von einer Mitschülerin geküsst wird. Als Adèle die faszinierende Unbekannte (Léa Seydoux) zufällig wiedertrifft, wird ihre Gefühlswelt endgültig komplett auf den Kopf gestellt. Denn die Künstlerin Emma löst in dem jungen Mädchen eine ungeahnte Leidenschaft aus. Was sie zunächst für sexuelles Herumexperimentieren hält, entwickelt sich bald zu einer festen Beziehung und ganz großer Liebe. Es ist eine Beziehung, in der beide Frauen im Laufe der Jahre eng zusammenwachsen und sich gleichzeitig auseinander zu entwickeln drohen…

Mit der Verfilmung der preisgekrönten Graphic Novel "Blau ist eine warme Farbe" von Julie Maroh hat Regisseur Abdelatif Kechiche ("Couscous mit Fisch") genau den Nerv von Festival-Jurys, Feuilleton-Kritikern und Arthaus-Liebhabern getroffen. Der Film wurde in Cannes mit Lobeshymnen überschüttet, die nur ein perfektes Meisterwerk verdient hat. Dass der Film genau das ist, der Meinung sind auch viele nationale und internationale Kritiker. Natürlich liegt eine solche Beurteilung immer im Auge des Betrachters. Dennoch legt ein derartiger Schwall an positiven Urteilen die Vermutung nahe, dass es sich bei dieser Liebesgeschichte wahrlich um ein unfehlbares Meisterstück handeln muss.

Das ist allerdings nur bedingt der Fall. Es ist unbestreitbar, dass die beiden Hauptdarstellerinnen großartige, sehr mutige und vor allem absolut authentische Darstellungen abliefern. Die beiden Frauen, ganz besonders aber Adèle Exarchopoulos, verschwinden völlig hinter ihren Rollen und machen diese fiktiven Figuren zu greifbaren und sehr real wirkenden Charakteren, zu denen sich im Verlauf der Geschichte leicht eine emotionale Bindung aufbauen lässt. Auch wirkt die Inszenierung für sich genommen sehr lebensecht und intensiv. Dass eine große Liebe mit all ihren Höhen und Tiefen derart frei von Kitsch und trivialisierender Dramaturgie präsentiert wird, ist wahrlich eine Seltenheit im Kino. Das ist zwar mitunter nicht wirklich angenehm anzusehen, verfügt aber über eine enorme emotionale Kraft.

Das macht es dann auch nachvollziehbar, warum hier so Viele das Wort "Meisterwerk" verwenden. Doch dem steht die mitunter etwas selbstverliebt und unnötig in die Länge gezogen wirkende Inszenierung von Abdellatif Kechiche im Weg. Wie bereits gesagt, es kann nicht bestritten werden, dass es der Filmemacher hervorragend versteht, Szenen von enormer Authentizität auf die Leinwand zu zaubern und aus seinen SchauspielerInnen eine unglaubliche Natürlichkeit und Ungezwungenheit herauszuholen. Doch wie schon bei "Couscous mit Fisch" zieht er auch hier wieder viele eher belanglose Momente schier unerträglich in die Länge. Warum wir Adèle und ihrer Familie minutenlang beim Essen zusehen sollen, warum die unruhige Kamera dem Mädchen unendlich lange auf einer Demo folgen muss oder warum eine Feier, die Adèle und Emma gemeinsam ausrichten, quasi in Echtzeit gezeigt werden muss, bleibt ein Rätsel. Mag sein, dass das in Augen einiger ganz große Kunst ist. Für andere dagegen ist das komplett unnötige Langeweile. Damit ist nicht gesagt, dass diese Szenen an sich unnötig wären. Im Gegenteil. Aber sie hätten allesamt deutlich komprimierter präsentiert werden können, ohne dass der Film etwas von seiner Intensität verloren hätte.

Gleiches gilt auch für die Sexszenen, die für viel Aufregung gesorgt haben. Auch wenn es nicht die explizitesten Sexszenen sind, die im zeitgenössischen Arthaus-Kino der letzten Jahre zu sehen waren, so sind es unter Garantie die ausführlichsten. Auch hier beweist der Regisseur wieder ein gutes Händchen für Ästhetik und Natürlichkeit. Er zeigt den Liebesakt zwischen den beiden Frauen in aller Deutlichkeit, wirkt aber dennoch nicht voyeuristisch. Allerdings gilt auch hier, dass zeitlich weniger dann doch mehr gewesen wäre.

"Blau ist eine warme Farbe" ist ein toller und intensiver, gleichzeitig aber auch ein sehr sperriger und viel zu zäher Film, dessen Länge dramaturgisch nicht nötig gewesen wäre und die sich auch nicht als künstlerisch wichtiges Werkzeug entschuldigen lässt. Wem es gefällt, langen, nicht unbedingt bedeutungsvollen Gesprächen zu lauschen oder Menschen ausgedehnt beim Essen oder beim Sex zuzusehen, für den wird dieser Film mit Sicherheit das kleine Meisterwerk sein, als das er so oft gepriesen wird. Wem aber Authentizität nicht ausreicht, um etliche Längen als große Kunst genießen zu können, für den wird sich diese Liebesgeschichte als ein wirklich harter Brocken erweisen. Und deshalb gibt es unterm Strich auch nur mit Vorbehalt ein "Sehenswert"!

Ein Artikel von Sebastian Betzold

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Kino Trailer zum Film "Blau ist eine warme Farbe (Frankreich 2013)"
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