Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Mystery, Action, Abenteuer |
Regie: | Özgür Yildirim |
Kinostart: | 20.08.2015 |
Produktionsland: | Deutschland 2015 |
Laufzeit: | ca. 104 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.boy7.de |
In einem U-Bahn Tunnel aufzuwachen und sich an Nichts erinnern zu können – was gibt es schlimmeres? Vielleicht noch von der Polizei gejagt zu werden und nicht zu wissen, warum. So ergeht es einem jungen Mann (David Kross), der gerade noch fliehen kann, bevor ihm die Handschellen angelegt werden. Da er nicht weiß, wer er ist oder wo er wohnt, bleibt ihm nur ein Anhaltspunkt: die Visitenkarten eines Restaurants, die er in seiner Hosentasche findet. Dort entdeckt er auf der Toilette ein Notizbuch, bei dem es sich offenbar um sein Tagebuch handelt. Scheinbar ist er kurz davor, eine gewaltige Verschwörung aufzudecken, deren Drahtzieher ihn um jeden Preis mundtot machen wollen. Als dann auch noch eine junge Frau (Emilia Schüle) auftaucht, die wie er gekleidet ist und eine fast identische Brandwunde an der linken Hand hat, wie er, beginnt er zu begreifen, in welcher Gefahr sie Beide schweben…
Der Jugendroman "Boy 7" von Mirjam Mous hat etwas ganz Besonderes geschafft: er wurde 2015 gleich zwei Mal verfilmt. Einmal in den Niederlanden, der Heimat der Autorin, und einmal in Deutschland. Hier nahm sich Regisseur Özgür Yildirim ("Chiko", "Blutzbrüdaz") der spannenden Mystery-Geschichte an. Mit David Kross und Emilia Schüle konnte er dann auch zwei hoch talentierte Jungstars des deutschen Kinos für die Hauptrolle gewinnen. Der Look des Films ist irgendwo zwischen traditionellem Paranoia-Thriller und zeitgemäßer Dystopie angesiedelt, was den Film schon alleine auf seiner visuellen Ebene zu einem interessanten Stück jungen deutschen Kinos macht.
Gerade zu Beginn legt Yildirims Inszenierung ein mitreißendes Tempo an den Tag. Der Zuschauer wird mitten ins Geschehen hineingeworfen und ist, wie der Hauptprotagonist, völlig ratlos, was hier eigentlich vor sich geht. Wenn Samuel sein Tagebuch findet und das Geschehen einige Zeit in die Vergangenheit blickt, wird das Tempo deutlich gedrosselt. Der Unterhaltungswert hat darunter aber zunächst nicht zu leiden. Mit einnehmender Optik, einem stimmigen Soundtrack und ein klein wenig Humor bleibt das Geschehen auch weiterhin fesselnd. Wenn Samuel alias Boy 7 dann der Verschwörung langsam aber sicher auf die Schliche kommt, nimmt die Spannung sogar noch einmal zu.
Doch bis die Geschichte dort ankommt, gibt es leider auch ein paar zähere Momente, unter denen die Spannung ein wenig zu leiden hat. Die guten Hauptdarsteller können das zwar immer wieder rausreißen, doch der an sich sehr positive Gesamteindruck wird doch solche Längen ein klein wenig getrübt. Denn gerade zum Finale hin gibt es einige Momente, die das ansonsten temporeiche und spannende Geschehen ein wenig ausbremsen. Doch auch wenn das einer der Gründe dafür ist, warum "Boy 7" ein guter, aber nicht sehr guter Mystery-Thriller für die jugendliche Zielgruppe geworden ist, muss man Özgür Yildirim und seinem Team hoch anrechnen, dass sie versucht haben, mal die ausgetretenen Pfade des deutschen Jugendfilms zu verlassen und einen Thriller zu inszenieren, der sich in jeder Hinsicht auf internationalem Niveau bewegt. Auch wenn das nicht ganz gelungen ist, muss alleine der Versuch absolut honoriert werden.
So ist dieser "Bourne" für Teens vielleicht kein Meisterwerk. Und vielleicht wurde auch ein wenig Potential verschenkt. Doch insgesamt können die Story, die Darsteller und die visuelle Umsetzung über weite Strecken gefallen, weshalb es am Ende trotz einiger kleiner Schwächen auch ein mehr als verdientes "Sehenswert" gibt!
Ein Artikel von Sebastian Betzold