Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Trainwreck |
Genre: | Komödie, Romantik |
Regie: | Judd Apatow |
Kinostart: | 13.08.2015 |
Produktionsland: | USA 2015 |
Laufzeit: | ca. 130 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/Dating.Queen.DE |
Seit ihrer Kindheit wurde Amy (Amy Schumer) immer wieder eingebläut, dass Monogamie unrealistisch sei. Um nicht die Fehler ihrer Eltern zu wiederholen oder gar so wie ihre Schwester Kim (Brie Larson) in einer spießigen Ehe zu enden, hat sich Amy diese "Lebensweisheit" ihres Vaters (Colin Quinn) zum Motto gemacht. Für die Reporterin eines Männermagazins gibt es nur ihren Job, Partys und One-Night-Stands. Alles, was irgendwie mit Romantik zu tun hat, meidet Amy wie die Pest. Bis sie den Sportarzt Aaron Conners (Bill Hader) kennen lernt. Er ist so ganz anders als die Männer, mit denen sich Amy sonst trifft und mit ihm zu reden und Zeit zu verbringen macht sogar richtig Spaß! Könnte es etwa sein, dass Monogamie doch erstrebenswert ist und dass in Amys Leben bisher etwas gefehlt hat? Und ist sie nach all den Jahren, in denen sie frei und ungebunden gelebt und gefeiert hat überhaupt zum braven Beziehungsleben fähig?
"Dating Queen" ist der bisherige Höhepunkt der Erfolgsgeschichte von Amy Schumer, die sich in den vergangenen Jahren in den USA von der unbekannten Stand Up Komikerin zur absoluten Comedy-Queen gemausert hat. Ihre Comedy-Specials sind dabei ebenso erfolgreich wie ihre gerade von Kritikern geliebte Serie "Inside Amy Schumer". Die New Yorkerin wirkt dabei auf den ersten Blick irgendwie brav und niedlich. Ihr Humor aber ist richtig böse, bissig und politisch völlig unkorrekt. Und trotzdem: man kann ihr selbst dann nicht wirklich böse sein, auch wenn sie richtig heftige oder auch mal zotige Dinge von sich gibt (Bestes Beispiel ist ihr Song über die "Fudge Machine"). Damit ist sie die perfekte Partnerin für Regisseur Judd Apatow, der es in seinen Filmen ja bekanntlich auch gerne mal etwas derber angeht, dabei aber immer das Herz am rechten Fleck trägt. Die Rolle in ihrem gemeinsamen Film hat sich Schumer selbst auf den Leib geschrieben. In der amüsanten Geschichte verarbeitet sie dann auch einige sehr persönliche Dinge wie die MS-Erkrankung ihres Vaters. Zugegeben, nicht gerade der richtige Stoff für Komödien. Aber die Mischung aus derber RomCom und Drama funktioniert erfreulich gut, was mit Sicherheit einer der Gründe für den respektablen Erfolg des Films in den USA sein dürfte.
Auch wenn einige Gags schon sehr deutlich unterhalb der Gürtellinie angesetzt sind, halten sich die wirklich peinlichen Zoten in angenehmen Grenzen. Stattdessen überzeugt das Drehbuch mit wunderbaren Dialogen, die auch in der guten deutschen Synchronisation für einige herrliche Lacher sorgen. Auch die wunderbar atypische Besetzung mit NBA-Superstar LeBron James als "Downton Abbey" liebender Sidekick für den romantischen Helden oder Arthaus-Ikone Tilda Swinton als aufgebrezelte Chefredakteurin sorgen ebenso für gute Laune wie der wunderbare Gastauftritt von Daniel "Harry Potter" Radcliffe, der als "Dogwalker" in einem Film-im-Film zu sehen ist. Großartig!
Die Chemie zwischen Schumer und ihrem aus der legendären Comedy-Show "Saturday Night Live" bekannten Co-Star Bill Hader stimmt perfekt und man kann nachvollziehen, warum die beziehungsscheue Amy für den smarten Arzt ihre Anti-Monogamie-Prinzipien erst einmal über Bord wirft. Es macht einfach Spaß, den Beiden beim Flirten und Turteln zuzusehen. Und auch wenn der Film in Bezug auf diese Romanze kaum Überraschungen bietet, so sind auch abgegriffene Klischees sehr charmant und originell umgesetzt. Einen kleinen Punktabzug gibt es allerdings doch: Wie bei Judd Apatow eigentlich die Regel ist auch "Dating Queen" ein klein wenig zu lang geraten. Es gibt einige Szenen, bei denen zu Gunsten eines stimmigeren Tempos gerne die Schere hätte angesetzt werden können. Doch das ist einfach nicht Apatows Stärke. Er liebt es, seinen Darstellern Raum für Improvisationen zu bieten, was bei mancher Dialogszene dann eben dazu führt, dass das Tempo insgesamt ausgebremst wird, ohne dass etwas wirklich Wichtiges zur Geschichte beigesteuert wird.
Dennoch: auch wenn die Komödie die Laufzeit von über zwei Stunden nicht gebraucht hätte, ist sie nie wirklich langweilig. Es gibt mindestens alle zwei Minuten einen guten Lacher, der mal verhaltener, dann wieder richtig heftig ausfällt. Insgesamt hat Judd Apatow zweifelsohne einen seiner bislang besten Filme abgeliefert: er ist derb, ohne mit zu vielen vulgären Fremdschäm-Momenten überfrachtet zu sein, er hat viel Herz, ohne jemals rührselig zu werden und er versteckt in einer wirklich netten Liebesgeschichte auch einige großartige Seitenhiebe auf Bigotterie und Political Correctness. Ein bissiger Frauenfilm, über den man auch als Mann herzhaft lachen kann. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold