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Der die Zeichen liest

Der die Zeichen liest

Russland 2016 - mit Petr Skvortsov, Victoria Isakova, Svetlana Bragarnik, Anton Vasiliev ...

Die Frankfurt-Tipp Bewertung:

Filminfo

Originaltitel:Uchenik
Genre:Drama
Regie:Kirill Serebrennikov
Kinostart:19.01.2017
Produktionsland:Russland 2016
Laufzeit:ca. 118 Min.
FSK:ab 12 Jahren
Webseite:www.neuevisionen.de/

Der Schüler Benjamin (Petr Skvortsov) ist überzeugt: Die Gesellschaft ist verdorben. Die wahre Erlösung bietet nur die Bibel. Seine Ansichten werden zunächst belächelt, als er sich aus religiösen Gründen weigert, am Schwimmunterricht teilzunehmen. Doch je mehr Benjamin gegen seine Umwelt rebelliert, desto aggressiver wird er dabei in seinem Vorgehen. Und das bleibt nicht ohne Folgen: Seine geschiedene Mutter (Julia Aug) treibt er mit seinen Vorwürfen in den Wahnsinn und die Schulleitung knickt zunehmend vor ihm ein. So sollen Mädchen nicht mehr in Bikinis, sondern nur noch in Badeanzügen zum Schwimmunterricht und Kondome werden auch aus dem Bio-Unterricht verbannt. Benjamin scheint mit seinem religiös motivierten Protest alle zu blenden – nur eine junge Lehrerin (Victoria Isakova) stellt sich ihm entschlossen in den Weg…

Mit "Der die Zeichen liest" legt Kirill Serebrennikov ein bitterböses und hochbrisantes Drama vor, das die zerstörerische und gefährliche Kraft offenbart, die von religiösem Fanatismus ausgeht – ganz gleich, welchen Glaubens. Mit bissigem Humor und einigen wahrhaft verstörenden Momenten macht der Film aber auch schmerzhaft klar, dass die Gefahr nicht nur von den Fanatikern ausgeht, sondern auch von der Art und Weise, wie deren Umwelt darauf reagiert. Und hier wird deutlich, was die ganze Problematik so schwierig macht: es scheint keine Lösung zu geben. Aus falsch verstandener Toleranz gegenüber den Fanatikern einzuknicken, wie es Benjamins Lehrer machen, ist absolut falsch. Mit fast schon gleicher Aggressivität zurück zu schießen, wie es seine atheistische Lehrerin macht, bringt aber auch nichts – im Gegenteil. Es führt eher noch zu einer Radikalisierung des Fanatismus.

Auch wenn Kirill Serebrennikov sehr gekonnt humorvolle wie auch dramatische Momente miteinander verknüpft und so stellenweise für eine angenehm bissige Leichtigkeit sorgt, so wirkt die Inszenierung eben durch die Verdeutlichung der scheinbaren Machtlosigkeit gegenüber religiösem Fanatismus äußerst bedrückend. So amüsant die Szene, in der Benjamins Mutter Rat bei der Kirche sucht, durch ihren satirischen Unterton auch ist, so macht sie durch ihre Realitätsnähe auch verzweifelt und ein Stück weit wütend.

Doch genau dadurch schafft der Film auch etwas, was ihn gerade jetzt zu einem enorm wichtigen Werk macht: Er regt zum reflektierten Nachdenken und zum Diskutieren an. Und er macht eines klar, was zu Viele leider immer wieder vergessen: eine radikale Auslegung von Religion ist nicht auf einen Glauben beschränkt. Das findet man leider überall. Ganz gleich, ob eine Religion im Kern friedlich ist, doch durch Fanatismus wird sie immer gefährlich. Das zeigt "Der die Zeichen liest" auf intelligente, unterhaltsame, aber eben auch verstörend-bedrückende Art. Auch wenn der Film keine Lösungen bietet, so regt er doch zum wirklich wichtigen Überdenken gängiger Verhaltensmuster unserer Gesellschaft an. Und deshalb gibt es hier auch ein ganz klares: Sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold

Media:

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Kino Trailer zum Film "Der die Zeichen liest (Russland 2016)"
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