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Der Verdingbub

Der Verdingbub

Schweiz/Deutschland 2011 - mit Max Hubacher, Katja Riemann, Stefan Kurt, Miriam Stein, Lisa Brand, Max Simonischek ...

Filminfo

Genre:Drama
Regie:Markus Imboden
Kinostart:25.10.2012
Produktionsland:Schweiz/Deutschland 2011
Laufzeit:ca. 106 Min.
FSK:ab 12 Jahren
Webseite:www.verdingbub.de

Eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren Geschichte der Schweiz wird jetzt im Kino aufgearbeitet: das Schicksal der Verdingkinder. Zwischen 1800 und 1950 – in einigen Gemeinden sogar noch darüber hinaus – wurden viele hunderttausend Waisen-, Scheidungs- und uneheliche Kinder von den Behörden an Bauern als wie Sklaven gehaltene Arbeitskräfte übergeben. Die Bauern erhielten dafür ein geringes Kostgeld. Emotionale Nähe oder Respekt wurde den Kindern nicht entgegen gebracht. Gewalt, Demütigungen, harte Arbeit und Vergewaltigungen waren dagegen an der Tagesordnung. Hilfe oder Schutz hatten die Verdingkinder nicht zu erwarten, galt doch Armut bis weit ins 20. jahrhundert hinein als selbstverschuldet und genetisch bedingt. Auch wurden die meisten Fälle von Misshandlungen nie verfolgt, sondern bis in die Gegenwart totgeschwiegen.

Dieses Schweigen will Markus Imboden nun mit seinem Film "Der Verdingbub" brechen. Erzählt wird die Geschichte des zwölfjährigen Max (Max Hubacher), der hofft, endlich einmal so etwas wie eine richtige Familie zu haben, als er vom Pfarrer (Andreas Matti) auf den Hof der Familie Bösinger gebracht wird. Doch weder der ständig betrunkene Bauer (Stefan Kurt), noch seine herrische Frau (Katja Riemann) geben dem Waisenjungen irgendeine Form der menschlichen Wärme. Stattdessen halten sie ihn wie ein Arbeitstier. Zwar kann er auf dem Feld den Respekt des Bauers gewinnen, zieht damit aber den Zorn dessen leiblichen Sohns Jakob (Max Simonischek) auf sich. Einzig seine Lehrerin (Miriam Stein) schafft es, dem Jungen ein wenig Freude in sein trostloses Leben zu bringen, indem sie ihn dazu ermutigt, seiner Leidenschaft, dem Handorgelspiel, nachzugehen. Als die 15jährige Berteli (Lisa Brand) an die Bösingers verdingt wird, entwickelt sich zwischen Max und dem Mädchen nach anfänglichen Streitigkeiten eine Freundschaft, die es Beiden erlaubt, von einer besseren Zukunft zu träumen. Doch wie so viele Träume, droht auch ihrer von der brutalen Realität zerstört zu werden…

"Der Verdingbub" ist ein sehr schwieriger Film. Da ist zum einen die Thematik, die einfach nur erschütternd ist und immer wieder extrem wütend macht. Zum anderen aber ist da auch die sehr düstere, triste Inszenierung, die den Zuschauer auf sehr intensive Art in die Geschichte hinein zieht und das Schicksal von Max und Berteli anschaulich nachempfinden lässt. Und das ist wahrlich kein Vergnügen. Die vor der beeindruckenden Naturkulisse des Emmentals eingefangenen Bilder wirken ebenso bedrückend, wie das Spiel besonders von Stefan Kurt, Katja Riemann und Max Simonischek. Man fühlt sich extrem unwohl und nimmt jeden Funken von Helligkeit und Hoffnung dankbar auf.

Diese erscheinen in erster Linie dann, wenn Miriam Stein als engagierte Lehrerin auftaucht und es schafft, Max ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern, in dem sie ihn zum Handorgelspielen ermutigt. Darin liegt für Max seine große Leidenschaft, sein Weg, um der Dunkelheit um ihn herum zu entfliehen. Auch wenn das Instrument die Eigenschaft besitzt, dem Zuhörer schnell auf die Nerven zu gehen, so sind die Szenen, in denen Max auf seiner Handorgel spielt, doch von einer Wichtigkeit und Intensität, die für den Film und seine Wirkung unverzichtbar sind.

Man muss sich auf die deprimierende Stimmung, die gewöhnungsbedürftige weil gerade zu Beginn sehr offensichtliche Synchronisation ins Hochdeutsche und an die mitunter etwas schwer zugängliche Inszenierung einlassen, um nicht von der inhaltlichen wie atmosphärischen Schwere des Films erdrückt zu werden. Wem dies nicht gelingt, der wird von dem meist sehr langsam und getragen erzählten Geschehen wenig gefesselt oder gar gelangweilt werden. Wer sich aber dem Ganzen öffnen kann, der wird einen sehr intensiven Film erfahren, dessen Geschichte noch lange im Gedächtnis bleibt. Daher gilt auch für Freunde der etwas schwereren, herausfordernden Arthaus-Kost: Sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold

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Kino Trailer zum Film "Der Verdingbub (Schweiz/Deutschland 2011)"
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