Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Woman walks ahead |
Genre: | Drama, Abenteuer |
Regie: | Susanna White |
Kinostart: | 05.07.2018 |
Produktionsland: | USA 2018 |
Laufzeit: | ca. 102 Min |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.DieFrauDieVorausgeht.de |
Ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes beschließt die New Yorker Malerin Catherine Weldon (Jessica Chastain), dass die Zeit für einen Neuanfang gekommen ist. Und so beschließt sie, eine Reise nach North Dakota zu unternehmen – im Jahr 1889 nicht gerade ein Ort, den man als Frau alleine aufsuchen sollte. Doch Catherine möchte unbedingt den legendären Sioux-Häuptling Sitting Bull (Michael Greyeyes) porträtieren. Mit ihrer selbstbewussten und aufgeschlossenen Art kommt die junge Frau aber im Wilden Westen nicht gut an. Gerade Colonel Groves (Sam Rockwell) ist ihre Sympathie Sitting Bull und den anderen amerikanischen Ureinwohnern gegenüber ein Dorn im Auge. Doch auch wenn ihre romantische Vorstellung des Westens durch die harsche Realität zerstört wird, will sich Catherine nicht einschüchtern lassen – bis sie zum Teil eines Kampfes wird, in dem es um nicht weniger als um Freiheit, Unabhängigkeit und Überleben der Lakota-Sioux geht…
"Die Frau, die vorausgeht" vermischt Fiktion und Geschichte zu einem packenden Western-Drama. Vorlage für Catherine Weldon war die Künstlerin Caroline Weldon, die 1890 das berühmte Porträt von Sitting Bull malte und zu dessen enger Vertrauter, Dolmetscherin und Sekretärin wurde. Drehbuchautor Steven Knight hat sich aber derart viele Freiheiten im erzählen ihrer Geschichte genommen, dass man hier weder von einem Biopic über Weldon, noch von einem Historienfilm sprechen kann. Vielmehr basiert das Ganze nur sehr, sehr lose auf wahren Ereignissen, so dass eben auch der Vorname der Hauptfigur von dem des realen Vorbilds geändert werden musste.
Doch auch wenn Regisseurin Susanna White hier keine akkurate Geschichtsstunde abgeliefert hat, ist ihr doch insgesamt ein sehr packendes Western-Drama gelungen, das von starken Darstellern und atmosphärischen Bildern lebt – und nebenbei noch unaufdringlich und doch sehr erschütternd zeigt, dass wir in Sachen Gleichberechtigung oder dem Umgang mit Vorurteilen viel zu wenig Fortschritte gemacht haben. Denn die Geschichte, die hier erzählt wird, mag vor rund 130 Jahren spielen, weist aber einige erschreckende Parallelen zur Gegenwart auf.
Das etwas zu getragene Erzähltempo bremst die an sich packende Dramaturgie immer wieder aus. Doch Whites Inszenierung kann mit einer gelungenen Mischung aus sensibler Figurenentwicklung und starken Momentaufnahmen dagegenhalten. "Die Frau, die vorausgeht" mag kein massentaugliches Unterhaltungskino sein. Aber als mitreißendes Porträt einer Frau, die ihre Ideale nicht von einer von Gewalt und Männern dominierten Welt zerstören lässt, funktioniert der Film richtig gut. Und deshalb gibt es – mit einigen kleinen Punktabzügen – auf jeden Fall ein: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold