Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Komödie, Drama |
Regie: | Julia C. Kaiser |
Kinostart: | 10.08.2017 |
Produktionsland: | Deutschland 2016 |
Laufzeit: | ca. 106 Min |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.wfilm.de/die-hannas |
Hans (Till Butterbach) und Anna (Anna König) sind "Die Hannas": Ein an sich glückliches Paar in den Dreißigern. Seit fünfzehn Jahren sind sie zusammen, genießen die Routine und ihre gemeinsame Leidenschaft für das Kochen. Die Beiden sind mit diesem Leben ohne große Überraschungen zufrieden. Zumindest glauben sie das. Das ändert sich allerdings, als sie die Schwestern Nico (Ines Marie Westernströer) und Kim (Julia Becker) kennenlernen. Beide beginnen eine Affäre – Hans mit Kim und Anna mit Nico – ohne dass sie vom Betrug des anderen wissen. Die Affären setzen verborgene Sehnsüchte und unterdrückte Leidenschaft frei, wodurch das emotionale Gefüge der Hannas in seinen Grundfesten erschüttert wird. Aber auch für Nico und Kim bleibt die Begegnung mit den Hannas nicht ohne Folgen und wühlt ein altes Trauma auf…
Mit ihrem zweiten Spielfilm "Die Hannas" hat Regisseurin Julia C. Kaiser eine äußerst ungewöhnliche Beziehungsgeschichte inszeniert. Sie zeigt, was passieren kann, wenn Routine blind macht und Sehnsüchte durch eingeredete Zufriedenheit unterdrückt werden. Ihre Protagonisten wissen nicht, dass ihnen etwas fehlt, bis sie auf unerwartete und sehr drastische Art damit konfrontiert werden. Was das für ihre individuelle und gemeinsame Zukunft bedeutet, das entwirft Kaiser auf sehr unkonventionelle Art. Das gilt sowohl für den dramaturgischen Aspekt des Films, wie auch für die Kameraarbeit oder das Spiel der Darsteller, das über weite Strecken improvisiert wirkt.
Keine Frage: Wer in erster Linie deutsches Mainstreamkino gewohnt ist, für den könnte ein Film wie "Die Hannas" eine recht anstrengende Erfahrung sein. Man muss sich auf die unangepasste Inszenierung einlassen können, um die Kraft von Aspekten wie den mitunter sehr drastischen Kontrast von komödiantischen und sehr düster-dramatischen Elementen spüren zu können. Wem das gelingt, der bekommt eine wirklich überraschende Dekonstruktion einer Langzeitbeziehung geboten.
Julia C. Kaiser hat einen Film gedreht, der interessante Fragen aufwirft, etwa darüber, wieweit Kompromisse einer Beziehung gut tun oder ihr schaden und ob individuelles Glück zu Zweit oder nur alleine gefunden werden kann. Wer junges deutsches Kino mit unverbrauchten Darstellern schätzt und sich gerne außerhalb der ausgetretenen Mainstreampfade bewegt, dem kann dieser Film durchaus ans Herz gelegt werden. Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold