Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Kollektivet |
Genre: | Drama |
Regie: | Thomas Vinterberg |
Kinostart: | 21.04.2016 |
Produktionsland: | Dänemark 2015 |
Laufzeit: | ca. 111 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.kommune-derfilm.de |
Eigentlich wollte Erik (Ulrich Thomsen) die große Villa, die er geerbt hat, gewinnbringend verkaufen. Doch von seiner Frau Anna (Trine Dyrholm) und seiner Tochter Freja (Martha Sofie Wallstrøm Henningsen) lässt er sich überzeugen, dass ein leben hier im Nobelviertel von Kopenhagen durchaus seinen Reiz haben könnte. Doch da das Haus für sie viel zu groß ist, beschließen sie, mit Freunden und Bekannten hier eine Kommune zu gründen, wo sie das lockere Zusammenleben genießen wollen. Und das scheint zumindest anfänglich eine richtig gute Idee gewesen zu sein. Gemeinsame Essen, Feiern, angeregte Diskussionen, Lust und Liebe prägen den Alltag der Kommune. Doch dann verliebt sich Erik in die Studentin Emma (Helene Reingaard Neumann) verliebt und sie in das Haus einziehen lässt, ziehen dunkle Wolken über dem Paradies auf…
Mit "Die Kommune" scheint Thomas Vinterberg nach dem großartigen Drama "Die Jagd" und der großen Kostüm-Romanze "Am grünen Rand der Welt" mal etwas lockerere, fast schon amüsante Töne anzuschlagen. Die ersten Minuten seines neuesten Films wirkend komödiantisch und versprechen lockere Kinounterhaltung, die mit viel 70er Jahre Feeling und gut gelaunten Darstellern überzeugen kann. Trotz einiger recht chaotischer Charaktere fühlt man sich in dieser WG schnell wohl und ist sogar gewillt zu denken, dass man sich so ein buntes Zusammenleben durchaus auch vorstellen könnte. Ständig von Freunden umgeben, das Leben in vollen Zügen genießen – was kann daran falsch sein.
Eine ganze Menge! Und Thomas Vinterberg wäre nicht Thomas Vinterberg, wenn er das nicht auf sehr eindringliche und - auf einer psychologischen Ebene - verstörende Art offenlegen würde. Das hat allerdings zur Folge, dass die titelgebende Kommune fast vollständig in den Hintergrund tritt und sich der Film zu einem aufwühlenden Ehedrama wandelt. Das ist zwar von Ulrich Thomsen und ganz besonders von Trine Dyrholm großartig gespielt und von Vinterberg erstklassig inszeniert. Doch die vielen interessanten Nebencharaktere, die im ersten Drittel des Films vorgestellt werden, treten dadurch fast komplett in den Hintergrund und verlieren für die Geschichte auch zunehmend an Bedeutung. Das ist gerade angesichts so guter Darsteller wie Fares Fares sehr schade. Und ein großes emotionales Ereignis, das die Kommune dann zum Finale hin erschüttert, wirkt längst nicht mehr so kraftvoll, wie das der Fall gewesen wäre, wenn die Nebenfiguren nicht so weit aus dem Geschehen herausgetreten wären.
So bleibt ein etwas unausgewogenes Gesamtbild, das aus sehr starken Einzelteilen besteht, die sich nur bedingt harmonisch zusammenfügen wollen. Trotzdem ist das Drama unterm Strich wirklich sehenswert geworden, was in erster Linie an den tollen Schauspielern, aber auch an der wirklich mitreißenden Geschichte liegt. Denn wie sich Anna, eine eigentlich sehr starke Frau, mehr und mehr selbst aufgibt, aus Angst, ihren Mann ganz zu verlieren und alleine zu sein, ist extrem aufwühlend und mitreißend. Wer also drüber hinwegsehen kann, dass der Film nicht die lockere Komödie ist, die er zu Beginn zu sein scheint und dass die anderen Bewohner der Kommune über weite Strecken keine tragende Rolle spielen, der bekommt hier einen sehr intensives und atmosphärisches Drama geboten, das ein "Sehenswert" mehr als verdient hat.
Ein Artikel von Sebastian Betzold