Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Ce sentiment de l`été |
Genre: | Drama |
Regie: | Mikhaël Hers |
Kinostart: | 03.11.2016 |
Produktionsland: | Frankreich/Deutschland 2016 |
Laufzeit: | ca. 107 Min |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.rendezvous-filmverleih.de/ |
Lawrence (Anders Danielsen Lie) und seine Freundin Sasha (Stéphanie Déhel) leben glücklich zusammen in Berlin. Große Sorgen kennen sie nicht. Sie leben gemeinsam in den Tag hinein, nicht ahnend, dass jeder davon ihr letzter sein könnte. Doch dann bricht Sasha eines Tages einfach zusammen und stirbt kurze Zeit später im Krankenhaus. Die junge Frau ist einfach nicht mehr da, doch für Lawrence, wie auch für Sashas Familie muss das Leben irgendwie weitergehen. Ein Jahr später besucht Lawrence Sashas Schwester Zoé (Judith Chemila) in Paris, wobei schnell klar wird, dass sie Beide den Verlust noch nicht verarbeitet haben. Auch die Idylle, die Zoe bei einem Besuch im Haus ihrer Eltern in Anecy vorfindet, entpuppt sich als reine Fassade. Erst ein weiteres Jahr später, als Zoe Lawrence in New York besucht, scheint das Leben endlich etwas leichter geworden zu sein und die Trauer hat den normalen Alltag nicht mehr im Griff. Doch vielleicht trügt der Schein auch jetzt noch?
"Dieses Sommergefühl" beschäftigt sich auf sehr ruhige Art mit dem Thema Trauerbewältigung. Völlig unaufgeregt zeigt Regisseur Mikhaël Hers in episodenhafter Manier, wie der unerwartete Tod eines geliebten Menschen die Leben der Hinterbliebenen verändert und wie diese versuchen, sich nach und nach wieder im Alltag einzufinden. Denn auch wenn es abgedroschen klingt: das Leben geht weiter. Es schmerzt und etwas fehlt – doch es wird immer irgendwie weitergehen. Die Atmosphäre, die Hers an den sehr unterschiedlichen Handlungsorten aufbauen kann, spiegelt dieses Gefühl sehr gut wieder. Es macht den Film aber auch zu einer sehr schwierigen Angelegenheit.
Denn es passiert eigentlich nicht wirklich viel. Der Zuschauer kann einen kurzen Blick in Momentaufnahmen der Figuren, die man unter nicht gerade angenehmen Umständen kennenlernt, werfen. Zwar ist es durchaus möglich, gerade zu Lawrence und Zoe so etwas wie eine emotionale Bindung aufzubauen. Das wird gerade im letzten Akt, der in New York spielt, deutlich. Hier mischt sich Melancholie mit der Hoffnung auf einen Neuanfang, Trauer mit der Lust auf Liebe und Leben. Und das überträgt sich auch auf den Zuschauer. Trotzdem ist es auch etwas anstrengend, den langen Szenen scheinbarer Belanglosigkeit zu folgen und ihnen stets die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Sicherlich, es wird deutlich, warum der Regisseur keine filmische Dramaturgie im klassischen Sinne verwendet. Aber den Figuren dabei zuzusehen, wie sie irgendwo durch die Gegend laufen, sich über ganz alltägliche Dinge unterhalten oder einfach nur traurig drein schauen, ist bei einer Laufzeit von beinahe zwei Stunden schon eine kleine Geduldsprobe.
Trotzdem: Das, was der Film vermitteln möchte, bringt er sehr authentisch und kraftvoll rüber. Wer also ein sehr lebensnahes Drama über Verlust, Trauer und Loslassen sehen möchte und bereit ist, sich der etwas sperrigen Inszenierung zu stellen, dem kann "Dieses Sommergefühl" wärmstens ans Herz gelegt werden. Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold