Film: Rekordhitze im Sommer, Überschwemmungen im Winter, immer stärker werdende Tornados und erschreckend schnell schmilzende Gletscher - es kann mittlerweile wirklich nicht mehr verleugnet werden, dass sich das Klima auf unserem Planeten mit enormer Geschwindigkeit verändert. Und dennoch: die Bereitschaft der Menschen, einen Teil dazu beizutragen, dass die globale Erwärmung aufgehalten wird, ist erschreckend gering. Fast-US-Präsident Al Gore reist nun schon seit mehreren Jahren rund um die Welt, um den Menschen mit einem multimedialen Vortrag die unbequeme Wahrheit näher zu bringen und Wege aufzuzeigen, wie eine Katastrophe noch abgewendet werden kann. Damit nicht genug: neben einem informativen Internetauftritt und einem Buch zu dem Thema hat sich Gore jetzt auch von dem Filmemacher Davis Guggenheim bei seiner Vortrags-Tour begleiten lassen, um im Kino und auf DVD ein noch breiteres Publikum über die wichtige Problematik zu informieren.
Der Weg, den Gore und Guggenheim dafür ausgesucht haben, ist sehr gut gewählt. "Eine unbequeme Wahrheit" ist lehrreich, ohne zu trocken zu sein, ist unterhaltsam, ohne dabei je an inhaltlicher Tiefe zu verlieren und gibt zudem noch etwas, das für dieses schwere Thema ungemein wichtig ist: Hoffnung. Zunächst macht Gores Vortrag freilich nicht einen solchen Anschein. Die Zahlen, Fakten und Bilder, die Bill Clintons Vize-Präsident hier präsentiert, sind besorgniserregend und in gleichem Maße frustrierend. Doch um den Zuschauer nicht gleich in völlige Depressionen zu stürzen, werden die wichtigsten Fakten über die globale Erwärmung zunächst in einem ironisch-amüsanten Cartoon von den Machern der Kult-Serie "Futurama" zusammengefasst. In der dann folgenden Multimedia-Präsentation erweist sich Gore nicht nur als intelligenter Experte, sondern auch als überraschend guter Entertainer.
Die packenden und informativen Vortrags-Sequenzen werden immer wieder von persönlichen Aufnahmen und Interviews mit Al Gore unterbrochen, in denen er begründet, warum ihm die Zukunft unseres Planeten derart am Herzen liegt. Ein für seinen Sohn beinahe tödlicher Autounfall war dabei ebenso ausschlaggebend, wie der frühe Krebstod seiner Schwester. Dieser war umso tragischer, da Gores Familie bis zu diesem Moment im Tabakanbau tätig war. Gore gibt hier einen sehr persönlichen Einblick in sein Leben, wird so für den Zuschauer vom Politiker zum Menschen und damit greifbarer, was seine Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft noch steigert. Natürlich ist das im Prinzip eine unverhohlene Manipulation am Zuschauer, aber in diesem Fall ist das mehr als angemessen.
"Eine unbequeme Wahrheit" ist ein Film, der nicht nur angesehen werden sollte. Die Dokumentation sollte Pflichtprogramm für alle Schulklassen, Firmen und Privatpersonen werden. Verständlicher und umfassender kann die ganze Problematik nicht vermittelt werden. Dass Gore dabei versucht, von ein paar Seitenhieben gegen die Bush-Regierung einmal abgesehen, das Thema nicht auf einer politischen, sondern auf einer moralischen Ebene zu transportieren, war eine sehr gute Entscheidung. In den USA war dieser dokumentarische Lehrfilm mit einem Einspielergebnis von über 20 Millionen Dollar und dem Gewinn des Oscars für den Besten Dokumentarfilm ein respektabler Erfolg, auf dem sich Gore allerdings nicht ausruhen wird. Er wird mit seinem Vortrag, den er bislang weit über 1000 mal abgehalten hat, auch weiterhin durch die Lande ziehen, in der Hoffnung, etwas verändern zu können. Dieses Engagement sollten Sie auf jeden Fall mit einem Kauf dieser DVD würdigen.
Bild und Ton: Wenn die Kamera Al Gore bei seinen Vorträgen beobachtet oder ihn auf seinen Reisen begleitet, gibt es über die Qualität des Bildes kaum etwas zu beanstanden. Sauber, kräftige Farben und scharf – für einen Dokumentarfilm ein sehr gutes Ergebnis. Lediglich bei der Verwendung von Archivaufnahmen sind einige Schwächen auszumachen, die aufgrund des Inhalts allerdings nicht negativ ins Gewicht fallen sollten. Dies gilt auch für den eher unspektakulären Ton, bei dem der wichtigste Aspekt, dass Gores Vortrag gut zu verstehen ist, mehr als zufriedenstellend umgesetzt wurde.
Extras: Gleich zwei Audiokommentare wurden für die DVD eingesprochen. Kommentar Eins stammt von Regisseur Guggenheim, der zweite von den Produzenten Lawrence Bender, Laurie David, Scott Z. Burns und Lesley Chilcott. Die Kommentare bieten einige sehr interessante Fakten über die Entstehung der Dokumentation, den Schwierigkeiten, mit denen sich die Macher konfrontiert sahen, und viel Lob der Person Al Gore gegenüber. Das ist streckenweise sehr hörenswert, doch hätte es letztendlich gereicht, beide Kommentare zu einem zusammen zu schneiden.
Neben den Kommentaren gibt es noch ein kurzes Making of (ca. 11 Min.), das allerdings kaum noch neue Informationen für diejenigen bietet, die sich einen oder gar beide Kommentare angehört haben. Dazu kommt noch das Musikvideo zum Oscar-prämierten Song "I need to wake up" von Melissa Etheridge, sowie ein sehr interessantes, knapp 32minütiges Update von Al Gore, das deutlich macht, dass diese Thematik immer größere Kreise zieht und in ständiger Bewegung ist. Sehr gut.
Fazit: Die Diskussion um den Klimawandel mag für Viele bereits ermüdend sein, doch diesen Film sollte wirklich Jeder gesehen haben. Nicht nur, dass die wichtigsten Fakten verständlich und komprimiert vermittelt werden, es wird auch ein Weg aus der Misere aufgezeigt, an dem Alle teilhaben können. Das alleine reicht schon aus, um für diese Scheibe einen Kaufbefehl auszusprechen, doch auch die ordentliche technische Umsetzung und das gute Extra-Material rechtfertigen diese Anschaffung!
Originaltitel: An Inconveniant Truth
Regie: Davis Guggenheim
Anzahl der Discs: 1
Sprachen: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Dänisch, Finnisch, Niederländisch, Norwegisch, Schwedisch, Türkisch
Bildformat: 16:9 (1,78:1)
Extras: Audiokommentare, Making of, Update von Al Gore, Musikvideo
FSK: o.A.
Länge: ca. 93 Min.
Regionalcode: 2
Ein Artikel von Sebastian Betzold