Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Kinderfilm |
Regie: | Alain Gsponer |
Kinostart: | 10.12.2015 |
Produktionsland: | Deutschland/Schweiz 2015 |
Laufzeit: | ca. 111 Min. |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.heidi.studiocanal.de |
Es ist eine Geschichte, die eigentlich seit Generationen jedes Kind in Deutschland kennt: Das Waisenmädchen Heidi (Anuk Steffen) wird zu ihrem Großvater, dem Almöhi (Bruno Ganz), in die Schweizer Berge gebracht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten verlebt Heidi hier eine glückliche Zeit, schließt Freundschaft mit dem Geißenpeter (Quirin Agrippi) und wächst auch ihrem verschrobenen Großvater ans Herz. Doch die Idylle währt nicht lange, denn Heidi wird von ihrer Tante Dete nach Frankfurt gebracht, wo sie im Haus des wohlhabenden Herrn Sesemann (Maxim Mehmet) zu einer wohlerzogenen, gebildeten jungen Dame erzogen werden soll. Gleichzeitig soll sie eine gute Freundin für die im Rollstuhl sitzende Klara (Isabelle Ottmann) sein. Obwohl sich Heidi bemüht und sich zwischen den ungleichen Mädchen tatsächlich eine Freundschaft entwickelt, ist das Mädchen in der großen Stadt einfach nur unglücklich. Sie will zurück zu ihrem Großvater, zurück in die Berge – so schnell wie nur irgend möglich…
Die von Johanna Spyri erdachten Geschichten um "Heidi" sind zwar schon über 130 Jahre alt, sind aber noch immer zeitlos schön und ziehen Jung und Alt in ihren Bann. Kein Wunder also, dass der Stoff immer wieder fürs Fernsehen oder für das Kino adaptiert wird. Für Viele ist die Zeichentrickserie aus den 1970ern die gelungenste Umsetzung, ein Stück ewiger Kindheit, dessen Titelmelodie auch nach über vierzig Jahren Jedermann bekannt ist. Andere lieben vielleicht eher die ganz frühe Verfilmung aus den späten 1930ern mit dem damaligen Kinderstar Shirley Temple in der Hauptrolle oder die Disney-Verfilmung aus den 90ern mit den Hollywood-Stars Jason Robards und Jane Seymour. Die Auswahl an verschiedensten Heidi-Inkarnationen ist so groß, dass man sich ernsthaft fragen muss: Brauchen wir wirklich noch eine weitere Verfilmung?
Doch schon nach wenigen Minuten wird klar, dass die Neuverfilmung von Alain Gsponer ("Das kleine Gespenst") auf jeden Fall eine große Bereicherung für das übergroße "Heidi"-Universum geworden ist. Gsponer legt eine überaus liebenswerte Inszenierung an den Tag, die sich genau dem Geist der Vorlage anpasst und dadurch auch eine angenehme Zeitlosigkeit erhält. Er schafft es gut zu vermeiden, sich der jungen Zielgruppe zu sehr anbiedern zu wollen. Schnelle Schnitte, coole Sprüche oder ein poppiger Soundtrack – auf all das, was man gerade in deutschen Kinderfilmen leider viel zu oft zu sehen bekommt, wird hier bewusst verzichtet. Der Humor ist nie übertrieben albern, sondern einfach herzig. Und dadurch, dass fast alle Figuren nicht zu überzogen wirken, können auch echte Emotionen entstehen.
Das gilt gerade für die Momente zwischen Heidi und ihrem Großvater, der ganz wunderbar von Bruno Ganz verkörpert wird. Wenn ihm seine Heidi weggenommen wird, dann muss man auch als erwachsener Zuschauer noch ganz schön schlucken. Einzig Katharina Schüttler spielt als Fräulein Rottenmeier etwas zu übertrieben, was aber von ihren Kollegen – wie etwa einem sehr charmanten Peter Lohmeyer als Hausdiener Sebastian – wieder aufgefangen wird. Ein großes Lob gilt auch den Kinderdarstellern, die ihre Sache durchweg gut machen und so für die kleinen Zuschauer eine gute Identifikationsfläche bieten.
Diese neue "Heidi" ist nicht nur eine gelungene Adaption des beliebten Buchklassikers. Es ist auch ein wirklich schöner Kinder- und Familienfilm, der mit einer tollen Kameraarbeit, guten Schauspielern und einem angemessenen Erzähltempo überzeugen kann. Schön, dass es noch solche zeitlos schöne Geschichten in so zielgruppengerechter Umsetzung gibt. Das hat ganz klar ein "Absolut sehenswert" verdient!
Ein Artikel von Sebastian Betzold