Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Drama, Mystery, Horror |
Regie: | Severin Fiala, Veronika Franz |
Kinostart: | 02.07.2015 |
Produktionsland: | Österreich 2014 |
Laufzeit: | ca. 100 Min. |
FSK: | ab 16 Jahren |
Webseite: | www.ichsehichseh.at |
Es scheint ein idyllischer Sommer für die Zwillingsbrüder Lukas (Lukas Schwarz) und Elias (Elias Schwarz) zu werden. Im Haus direkt am Waldrand genießen sie ihre Sommerferien, streifen durch den Wald oder erkunden das ans Haus angrenzende Maisfeld. Für zwei Jungs der perfekte Abenteuerurlaub. Doch dann ändert sich die Unbeschwertheit schlagartig, als ihre Mutter nach einem Unfall mit einbandagiertem Gesicht zurückkehrt. Die Freude darüber, dass ihre geliebte Mama endlich wieder da ist, währt nur kurz. Denn die wenig liebevolle Frau, die jede Form von Lärm im und ums Haus untersagt und eine rigorose Strenge an den Tag legt, den Lukas und Elias nicht gewohnt ist, hat wenig mit ihrer Mutter so wie die Jungs sie kennen gemein. Schnell sind die Brüder sicher: diese Frau ist eine Fremde. Und das werden sie beweisen – um jeden Preis…
"Ich seh Ich seh" ist ein verstörendes Drama, das nach einem extrem getragenen Anfang zu einem intensiven Horror-Trip mutiert. Dabei wird in einigen Szenen sehr deutlich, dass Co-Autorin und Co-Regisseurin Veronika Franz enge Mitarbeiterin von Ulrich Seidl ist, der hier als Produzent beteiligt ist. Es gibt einige Szenen – besonders der Besuch zweier Mitarbeiter vom Roten Kreuz – die deutlich Seidls Handschrift tragen. Wer mit den Filmen des unangepassten Regisseurs generell Probleme hat, der wird sich auch hier mit den typischen Seidl-Momenten eher schwer tun. Aber im Fall von "Ich seh Ich seh" lohnt es sich wirklich, sich durch die etwas zähen und anstrengenden Szenen zu kämpfen. Denn wenn der Horror über das abgeschiedene Landhaus hineinbricht wird deutlich, dass gerade die völlig zurückgenommene Inszenierung und die Langsamkeit der Erzählweise größtenteils für die enorme Intensität des letzten Drittels verantwortlich sind.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist aber auch die mitreißende Bildsprache, in der sich Motive von trügerischer Schönheit mit einigen sehr verstörenden Aufnahmen abwechseln. Und auch das Spiel der Darsteller, allen voran der Zwillingsbrüder, macht dieses schwer kategorisierbare Werk so gelungen. Es ist schon eine beeindruckende Leistung, wie Veronika Franz und Severin Fiala die beiden Jungs dazu gebracht haben, eine derart natürliches, dabei aber auch extrem intensives Spiel aus den Kindern herauszuholen. Ein großes Lob gebührt zudem den Ausstattern, die aus dem Haus quasi den vierten Hauptdarsteller gemacht haben.
Die Auflösung, die hier natürlich nicht verraten wird, ist zwar keine wirklich neue Idee. Wer mit dem Genre ein wenig vertraut ist, könnte den finalen Twist schon etwas früher erahnen. Doch auch wenn hier dramaturgisch das Rad nicht neu erfunden wird, verleiht die Inszenierung dem Ganzen ein erfrischendes Überraschungsmoment, das dafür sorgt, dass sich dieser Film tief ins Bewusstsein der Zuschauer eingräbt. Selbst dann, wenn man sich mit der Erzählweise nicht anfreunden kann und den Film eigentlich nur anstrengend findet, wird es unmöglich sein, ihn so schnell wieder zu vergessen. Keine leichte Kost, aber einer der interessantesten Horror-Szenarien aus dem deutschsprachigen Raum der letzten Jahre. Und dafür gibt es ein ganz klares: Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold