Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Il Traditore |
Genre: | Drama |
Regie: | Marco Bellocchio |
Kinostart: | 13.08.2020 |
Produktionsland: | Italien / Frankreich / Deutschland / Brasilien 2019 |
Laufzeit: | ca. 153 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.il-traditore.de |
"Die Mafia gibt es nicht. Cosa Nostra ist der Name". Das sagt Tommaso Buscetta (Pierfrancesco Favino), angesehenes Mitglied der Cosa Nostra, nach seiner Verhaftung. Natürlich verlangt es sein Ehrenkodex, gegenüber den Ermittlern zu schweigen. Doch nachdem sich die Machtkämpfe zwischen den Paten der sizilianischen Mafia auf blutige Weise zugespitzt hatte, ist Tommaso davon überzeugt, dass die anderen mächtigen Clans die Ideale der Cosa Nostra verraten hätten, während er, der sich nach Brasilien abgesetzt hatte, stets ein Ehrenmann geblieben sei. Deshalb trifft er nach seiner Auslieferung nach Italien eine Entscheidung, die zu einer Erschütterung der Grundfeste der Cosa Nostra führt: Vor dem Richter Falcone bricht er sein Schweigegelübde und ist bereit, die anderen Paten ans Messer zu liefern…
Basierend auf wahren Ereignissen erzählt Regisseur Marco Bellocchio in seinem neuen Film "Il Traditore – Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra" die Geschichte desbekannten Mafiosi Tommaso Buscetta, auch bekannt als Don Masino, der nach einer schier unaufhaltsamen Karriere in der Cosa Nostra, bevor er Anfang der 1980er durch seine Flucht nach Brasilien mit der Mafia brechen wollte. Da sich das natürlich nicht so einfach machen ließ, fasste er den Entschluss, mit der italienischen Justiz zu kooperieren. Dies führte zu dem sogenannten "Maxi-Prozess" von Palermo, in dem 475 Personen angeklagt wurden. Der Prozess endete mit 360 Schuldsprüchen.
Bellocchio zeichnet Buscetta als sehr charismatischen Menschen, vermeidet es aber, die Mafia zu romantisieren. Vielmehr besticht seine Inszenierung durch eine einnehmende Nüchternheit, die nur selten durch sehr intensive Momente, aber auch durch ein klein wenig trockenen Humor durchbrochen wird. Das verleiht der Geschichte eine gewisse Authentizität, macht den Film aber insgesamt auch ein klein wenig sperrig. Bei einer Laufzeit von über zweieinhalb Stunden macht sich das dann durch ein paar Längen doch ein wenig unangenehm bemerkbar. Keine Frage, "Il Traditore – Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra" ist ein guter, stellenweise richtig beeindruckender Film, was auch an der sehr guten Leistung von Hauptdarsteller Pierfrancesco Favino liegt.
Doch da es einige sehr lange, zähe Momente gibt, fehlt dem Film ein richtig mitreißendes Element. Gerade dadurch, dass Bellocchio eben keinen typischen Mafia-Film abliefern wollte, fehlt seinem Werk der Spannungsgrad, der Klassiker dieses Genres auszeichnet. "Il Traditore – Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra" ist über weite Strecken mitreißend, aber nie wirklich spannend. Wen das nicht stört, der wird hier mit einem stilistisch erstklassigen Drama über einen der spektakulärsten Prozesse in Italien belohnt. Dafür gibt es dann auch – trotz einiger kleiner Abzüge in der B-Note – ein klares: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold