Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Love & Mercy |
Genre: | Drama, Musikfilm, Romantik |
Regie: | Bill Pohlad |
Kinostart: | 11.06.2015 |
Produktionsland: | USA 2014 |
Laufzeit: | ca. 122 Min. |
FSK: | ab 6 Jahren |
Webseite: | www.loveandmercy.de/ |
Seine Songs begeisterten ein Millionenpublikum und mit den Beach Boys brach er die Herzen von Teenagermädchen auf der ganzen Welt. Doch der Erfolg, der schon in jungen Jahren über Brian Wilson (Paul Dano) hineinbrach, forderte seinen Tribut, der auch viele Jahre später noch seine Spuren auf Brians (John Cusack) Seele hinterlassen hat: die Scheidung von seiner ersten Frau, Drogen und aus dem enormen Erfolgsdruck und dem Drang, seinem überkritischen Vater gerecht zu werden resultierende psychische Probleme führten zum tiefen Fall eines großen Genies. Sein gesamter Alltag ist wie ein grauer Nebel, durch den ihn sein Psychiater und Vertrauter Dr. Landy (Paul Giamatti) mit Medikamenten und strikter Isolation manövriert. Doch dann lernt Brian die Autoverkäuferin Melinda (Elizabeth Banks) kennen, die Brian unverhoffte Lebensfreude und Hoffnung schenkt – etwas, was Dr. Landy gar nicht gerne sieht…
"Love & Mercy" ist nur vordergründig ein Biopic über den legendären "Beach Boy" Brian Wilson. Auf zwei Zeitebenen entwirft Regisseur Bill Pohlad das eindringliche Porträt eines Menschen, der an dem Kampf zwischen seinem musikalischen Genie und seinen persönlichen Dämonen zu zerbrechen droht. Es ist die wahre Geschichte eines Mannes, der seine eigene Identität durch seine Psychosen und deren falsche Behandlung verloren zu haben scheint, und der erst nach vielen Jahren der Entfremdung von seinen Kindern, seiner Familie und seinen Bandkollegen durch die unnachgiebige Liebe einer Frau die Chance bekommt, den Weg zurück ins Leben zu finden. Das mag etwas schwülstig klingen, ist es aber nicht. Denn die angenehm unangepasste, ein wenig herausfordernde Inszenierung und das großartige Spiel der beiden Brian Wilson-Darsteller Paul Dano und John Cusack machen aus der Geschichte ein extrem mitreißendes Drama, das gekonnt fast alle gängigen Klischee-Klippen umschifft.
Wer also einen Film über den Aufstieg und die Karriere der "Beach Boys" erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht werden. Zwar spielt die Musik der legendären Formation natürlich eine wichtige Rolle und gerade die Entstehung ihres Meisterwerks "Pet Sounds" steht immer wieder im Vordergrund. Dennoch bietet das eben nur den Rahmen für eine sehr persönliche Geschichte, die eben nur am Rande etwas mit der Karriere der Sunny Boys aus Kalifornien zu tun hat. Dabei versucht Pohlad in seiner Inszenierung, die Ängste und die wirre Gedankenwelt Wilsons für den Zuschauer greifbar zu machen. Das führt dazu, dass der Film an einigen Stellen wie ein wirrer Trip wirkt. Das mag ein wenig anstrengend sein, ist letztendlich aber einer der Gründe, weshalb der Film am Ende so einen positiven und kraftvollen Eindruck hinterlassen kann.
Ein weiterer Grund sind die Darsteller. Ob Paul Giamatti als zwielichtiger Psychiater, Elizabeth Banks als zunächst etwas naiv wirkende Autoverkäuferin, die sich dann aber zur entschlossenen Kämpferin wandelt oder Jake Abel als Brian Wilsons Cousin und Bandkollege Mike Love liefern allesamt sehr starke Leistungen ab. Getragen wird der Film aber ganz eindeutig von John Cusack und Paul Dano, wobei gerade Cusacks Darstellung besonders hervorsticht. Dano spielt zwar auch sehr gut, nur ist sein Brian Wilson sehr nahe an anderen Charakteren, wie er sie in jüngster Zeit immer wieder gespielt hat. Cusack, der in jüngster Vergangenheit leider vornehmlich in wenig überzeugenden Heimkinopremieren zu sehen war, darf hier endlich einmal wieder sein vielseitiges Talent unter Beweis stellen. Und das hinterlässt einfach Eindruck.
"Love & Mercy" ist kein leicht zugänglicher Film, kein reines Unterhaltungswerk für ein Massenpublikum. Wer aber erstklassiges Arthaus-Kino aus Amerika schätzt und einmal ein ganz besonderes Künstlerporträt abseits der üblichen Biopic-Normen erleben will, der sollte sich diesen Film auf keinen Fall entgehen lassen. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold