Film: Von 1984 bis zum Frühjahr 1990 war die TV-Serie "Miami Vice" ein absoluter Straßenfeger. 111 Folgen lang beobachteten Fans auf der ganzen Welt die Fälle von Detective James "Sonny" Crockett, der mit seinem Alligator Elvis auf einem Hausboot lebte, und Detective Ricardo "Rico" Tubbs, einem ehemaligen Cop aus New York. Gemeinsam sorgten die Beiden die Drogenszene von Florida für Recht und Ordnung und machten ihre Darsteller, Don Johnson und Philip Michael Thomas, zu Weltstars. Mit hochkarätigen Gaststars aus Musik (u.a. Frank Zappa, Phil Collins und Miles Davis) und Film (Bruce Willis, Viggo Mortensen), dem so einfachen wie genialen Thema von Jan Hammer und einem für die 80er Jahre sehr prägenden Look, dominierte "Miami Vice" bald nicht nur das Fernsehen, sondern auch die Musikcharts und die Modewelt. Jetzt wurde die Serie von Regisseur Michael Mann ("Collateral"), der die Show seinerzeit als ausführender Produzent betreut hat, fürs Kino wiederbelebt.
Wer die Serie geliebt hat, dem sei gleich vorweg gesagt: bis auf den Titel und die Namen der Protagonisten hat Manns Kinoversion mit dem TV-Vorbild wenig bis gar Nichts gemein. War die Serie eher bunt, grell und mitunter durchaus amüsant, verzichtet die Kinoversion völlig auf die legendären Pastellfarben, ist düster, dreckig und bietet dabei nur sehr selten humorvolle Auflockerung. Die Story des Films dagegen ist – ganz im Sinne der TV-Serie - an sich relativ einfach: nachdem ein fehlgeschlagener Deal einem ihrer Informanten, dessen Familie und drei FBI Agenten das Leben gekostet hat, gehen "Sonny" Crockett (Colin Farrell) und "Rico" Tubbs (Jamie Foxx) selbst undercover, um einen mächtigen Drogenhändler zu überführen. Doch schnell stellt sich heraus, dass im Hintergrund noch ein sehr viel mächtigerer, gefährlicherer Gegner die Fäden zieht. Die beiden Cops geben sich nun nicht mehr mit dem kleinen Fisch zufrieden, sondern setzten es sich zum Ziel, dem großen Boss das Handwerk zu legen.
Auch wenn die im Prinzip sehr einfach gestrickte Handlung durch zu viele meist nur angerissenen Nebenhandlungen und –figuren unnötig verkompliziert wird, kann zumindest behauptet werden, dass "Miami Vice" visuell eine rundum gelungene Sache geworden ist. Abgesehen vielleicht von dem Look, der Colin Farrell verpasst wurde. Dieser mutet wie ein schlimmes Konglomerat aus den 70ern (fieses Porno-Bärtchen) und 80ern (langhaar Zottelmähne und BOSS Anzüge) an und wird besonders für die weiblichen Fans des Schauspielers arg gewöhnungsbedürftig sein. Doch insgesamt sind die Bilder, die Mann wie schon bei "Collateral" auch hier wieder mit hochauflösenden HD Kameras eingefangen hat, einfach fantastisch, faszinierend und wunderschön und zeugen von den hohen Qualitäten des Regisseurs. Es gibt wohl kaum einen Filmemacher, der es so gut versteht, die Schönheit einer Großstadt wie Miami bei Nacht einzufangen und dies in scharfen Kontrast zu der Brutalität der Verbrechen, die eine solche Stadt hervorbringt, zu setzen.
Was Michael Manns handwerklich sehr gutem Film letztendlich enorm schadet, sind die Assoziationen, die sein Titel bei den meisten Zuschauern auslösen wird. Doch all das, was mit "Miami Vice" in Verbindung gebracht werden könnte, scheint Mann ganz bewusst zu vermeiden. So gibt es etwa kaum Action, was bei einer Laufzeit von weit über zwei Stunden durchaus die Geduld einiger Zuschauer übermäßig strapazieren dürfte. Erst in den letzten zwanzig Minuten löst Mann die bis dahin straff angezogene Handbremse und liefert seinen Zuschauern eine durchaus effektive Schießerei. Doch bis es soweit ist, entzieht sich der Thriller mit seiner dialoglastigen, gemächlichen und etwas zu ernsthaften Inszenierung völlig den Sehgewohnheiten des heutigen Kinopublikums. Zudem scheinen sich besonders die Hauptdarsteller völlig unterfordert und bisweilen auch unmotiviert durch die Dialogszenen zu kämpfen und bieten wenig von der Qualität, die man an sich von Jamie Foxx und auch Colin Farrell erwarten darf.
Nur wem es gelingt, sich von allen Vergleichen zur Kult-Serie frei zu machen und sich auf Michael Manns Erzählstil einzulassen, wird die zweifellos vorhandenen – mitunter aber zu gut versteckten - Qualitäten des Filmes erkennen können. Für solche Zuschauer ist der Streifen dann auch trotz seiner Schwächen durchaus sehenswert!
Bild: Hier liegt die große Stärke der DVD. Kühle, klare Farben, starke Kontraste und eine hervorragende Detailschärfe ergeben ein sehr gutes Gesamtbild, das nur sehr selten durch leichte Doppelkonturen gestört wird. Sehr gut.
Ton: Auch der Ton der DVD kann überzeugen. Gerade in den Actionsequenzen wird eine hohe Räumlichkeit erzielt. Auch die Dialoge kommen verständlich abgemischt zur Geltung, so dass es auch hier nur ein mögliches Gesamturteil geben kann: Sehr gut!
Extras: Während "Miami Vice" in den USA gleich als (besserer) Directors Cut mit einigen Extras mehr (z.B. Audiokommentar des Regisseurs und zusätzlichen Behind the Scenes Featurettes) erscheint, müssen deutsche Fans mit einer deutlich abgespeckteren Version Vorlieb nehmen. Als Bonusmaterial werden hier lediglich zwei kurze Featurettes und ein Musikvideo zu der Cover-Version von "In the Air tonight" geboten. "Miami & Weiter: Außendrehs" geht in knapp 10 Minuten auf die Dreharbeiten in der Dominikanischen Republik und Miami ein, während sich "Miami Vice Undercover" (ca. 13 Min.) der Arbeit von Undercover-Cops widmet. Beide Featurettes sind gut und informativ, aber insgesamt viel zu kurz, um den Zuschauer tatsächlich mit tiefergehenden Informationen füttern zu können. Im Vergleich: alle Featurettes der US DVD ergeben zusammen eine Laufzeit von knapp 1 Stunde und bieten somit sehr viel mehr Informationen. Bleibt zu hoffen, dass diese Extras irgendwann einmal auch den Weg auf eine deutsche Veröffentlichung finden.
Fazit: "Miami Vice" ist kein schlechter Film, leidet jedoch unter den Assoziationen, die der Filmtitel beim Zuschauer heraufbeschwört. Werden diese im etwas straffer geschnittenen und mit etwas mehr Action verfeinerten Directors Cut der US DVD eher befriedigt, wartet die Code 2 DVD nur mit der Kinoversion und abgespeckten Extras auf, wobei der fehlende Audiokommentar besonders schwer wiegt. Technisch ist die Disc absolut zufriedenstellend, weshalb die DVD für Fans stylischer Thriller durchaus empfehlenswert ist.
Originaltitel: Miami Vice
Regie: Michael Mann
Anzahl der Discs: 1
Sprachen: Deutsch, Englisch, Italienisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Türkisch, Italienisch
Bildformat: 16:9 (2,40:1)
Extras: 2 Featurettes, Musikvideo
FSK: ab 16 Jahren
Länge: ca. 126 Min.
Regionalcode: 2
Ein Artikel von Sebastian Betzold