Denkt man an Shah Rukh Khan, so kommen einem zahlreiche bunte Bilder indischer Dramen mit viel Romantik, Gesang und Tanz in den Sinn. Doch "My Name is Khan" beweist: Indiens Superstar kann auch anders. In der indisch-amerikanischen Coproduktion, die Khan zum ersten Mal seit neun Jahren wieder mit Kajol Devgan vereint, präsentiert sich der gefeierte Schauspieler und Sänger von einer ganz neuen Seite.
Der scheue Rizvan Khan (Shah Rukh Khan) hat als indischer Moslem keine wirklich leichte Kindheit gehabt. Erst als junger Mann schafft es der kluge Mann mit Asperger-Syndrom, in den USA Fuß zu fassen. Dort verliebt er sich in die alleinerziehende Mandira (Kajol Devgan) und schafft es sogar, ihr Herz für sich zu gewinnen. Dass er durch das Asperger-Syndrom in seiner ganz eigenen Welt lebt kann der Liebe zwischen Khan und Mandira ebenso wenig anhaben, wie ihre unterschiedlichen Glaubensrichtungen. Doch dann geschehen die Anschläge vom 11. September und die Welt ist gerade für Moslems nicht mehr so, wie sie einmal war. Doch auch als das junge Familienglück der Beiden auf grausame Weise zerstört wird, gibt Khan nicht auf. Er reist quer durch die USA, einem festen Plan folgend, um Mandira seine Liebe zu beweisen...
"My Name is Khan" kann am ehesten als Bollywood-Version von "Forrest Gump" angesehen werden. Allerdings nur mit zwei Einschränkungen. Zum Einen wird in dem Film entgegen aller Bollywood-Traditionen weder gesungen, noch getanzt. Das ganz große, schwelgerische Leid und Drama ist aber geblieben. Zum Anderen erreicht der Film nie auch nur annähernd die Klasse von "Forrest Gump" und Shah Rukh Khan niemals die eines Tom Hanks. Zugegeben, er verkörpert den romantischen Helden mit Asperger-Syndrom recht überzeugend und glaubhaft, was sogar von einem bei der Frankfurter Pressevorführung anwesenden Asperger-Betroffenen lobend bestätigt worden ist. Das Problem liegt eher darin, dass Regisseur Karan Johar, der 1998 mit seinem Regiedebüt "Und ganz plötzlich ist es Liebe" den Durchbruch geschafft hat, seine US-Coproduktion schlichtweg völlig überladen hat.
Die Geschichten aus Khans Kindheit, die Romanze zwischen ihm und Mandira, Khans Reise durch die USA, auf der er potentiellen Terroristen begegnet und bei einem Hurrikan als helfender Held auftritt (obgleich viele Momente dieser Sequenz in der deutschen Kinofassung, die um etwa 40 Minuten gekürzt worden ist, fehlen) – all das hätte locker Stoff für drei Filme geliefert. Alles in einen Film zu quetschen ganz gleich ob er zwei oder knapp drei Stunden lang ist, ist einfach zu viel. Dazu kommt, dass dem Film durch die arg überzogene Dramatik eben jene liebenswerte Naivität abhanden kommt, die "Forrest Gump" zu einem Klassiker gemacht hat.
Keine Frage, "My Name is Khan" hat einige sehr schöne, ein paar ergreifende und gelungene Momente. Doch das Potential, das der an sich sehr schönen Geschichte zugrunde liegt, wird hier unter zu viel moralgesäuertem Kitsch und zu stark aufgeblasener Dramatik fast vollkommen begraben. Wer sich daran nicht stört, wird garantiert zwei Stunden lang gut unterhalten. Doch wer bei den hier behandelten Themen auf etwas mehr Substanz hofft, wird wohl eher enttäuscht das Kino verlassen.
Ein Artikel von Sebastian Betzold