Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | D'après une histoire vraie |
Genre: | Drama, Thriller |
Regie: | Roman Polanski |
Kinostart: | 17.05.2018 |
Produktionsland: | Frankreich 2017 |
Laufzeit: | ca. 101 Min |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.studiocanal.de/ |
Seit sie mit einem sehr persönlichen Roman über ihre Mutter einen Bestseller gelandet hat, leidet die Pariser Autorin Delphine (Emmanuelle Seigner) nicht nur unter ständigen Anfeindungen aus ihrem familiären Umfeld, sondern auch unter einer extremen Schreibblockade. Sie meidet die Öffentlichkeit, so gut es geht, doch Lesereisen und Signierstunden fordern zunehmend ihren Tribut. Doch dann trifft Delphine die charismatische Ghostwriterin Elle (Eva Green). Gegen ihren üblichen Instinkt fasst sie schnell Vertrauen zu der geheimnisvollen Frau, die völlig selbstverständlich zahlreiche Aufgaben für Delphine übernimmt, damit sie sich wieder voll aufs Schreiben konzentrieren kann. Elle gibt sich sogar als Delphine aus, um bei einer Lesung für sie einzuspringen. Mehr und mehr gibt Delphine die Kontrolle über ihr Leben an Elle ab – dabei weiß sie eigentlich gar nichts über diese Frau. Wer ist Elle eigentlich – und was will sie von Delphine?
Mit "Nach einer wahren Geschichte" kehrt Roman Polanski zu doppelbödigen Thrillern im Stil seines Frühwerks "Der Mieter" zurück. Zwar wird dessen Klasse nicht erreicht, aber trotzdem zeigt Polanski, dass er es auch in diesem Genre immer noch drauf hat. Ihm gelingt es perfekt, eine bedrückend-bedrohliche Atmosphäre aufzubauen, obwohl strenggenommen über weite Strecken nicht wirklich viel passiert. Doch kleine Andeutungen und ganz besonders die großartig eiskalten Blicke von Eva Green sorgen dafür, dass man auch bei etwas langatmigeren Momenten immer gefesselt bleibt. Zugegeben, die Inszenierung hätte etwas mehr Tempo vertragen können. Denn ab und an tritt Polanski einfach zu stark auf die Bremse, was der Intensität der Geschichte spürbar schadet.
Doch wem es gelingt, sich auf das beinahe zum Zwei-Personen-Stück reduzierte Verwirrspiel einzulassen, der wird mit einem großartig gespielten Psycho-Thriller belohnt. Polanskis Ehefrau Emmanuelle Seigner gibt die Schriftstellerin am Rande des Nervenzusammenbruchs in jeder Sekunde glaubhaft. Angesichts der Anfeindungen aus der eigenen Familie ist es absolut nachvollziehbar, warum sie sich so schnell von einer Fremden auffangen lässt, bevor sie endgültig in den Abgrund fällt. Eva Green versprüht einen unwiderstehlichen Charme, dem man auch als Zuschauer solange verfällt, bis sich ihr Gesichtsausdruck von einer Sekunde auf die andere ändert und sie plötzlich etwas Beängstigendes, beinahe schön Dämonisches an sich hat. Diese zwei Seiten von Elle verkörpert Green mit Bravour.
Das Zusammenspiel der beiden Darstellerinnen ist es dann auch, das "Nach einer wahren Geschichte" immer wieder rausreißt, wenn Polanskis Regie die Zügel lockert und das Geschehen zu behäbig dahinplätschern lässt. Hätte er hier noch etwas mehr Finesse an den Tag gelegt, hätte sich der Thriller locker an seinem Frühwerk messen lassen können. So weckt er immerhin Erinnerungen an einige der stärksten Polanski-Filme und bietet dazu noch zwei großartige Schauspielerinnen. Und dafür gibt es dann trotz einiger Schwächen auch ein verdientes: Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold