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Paradies Glaube

Paradies Glaube

Österreich/Deutschland/Frankreich 2012 - mit Maria Hofstätter, Nabil Saleh, Natalija Baranova, Rene Rupnik ...

Die Frankfurt-Tipp Bewertung:

Filminfo

Genre:Drama
Regie:Ulrich Seidl
Kinostart:21.03.2013
Produktionsland:Österreich/Deutschland/Frankreich 2012
Laufzeit:ca. 113 Min.
FSK:ab 16 Jahren
Webseite:www.neuevisionen.de

Im zweiten Teil seiner "Paradies"-Trilogie erzählt Regisseur Ulrich Seidl von der streng gläubigen Anna Maria (Maria Hofstätter), die ihr Leben einem Ziel verschrieben hat: sie will andere Menschen von der Liebe, die sie durch ihren christlichen Glauben erfährt, überzeugen. Ihren Urlaub nutzt die Krankenschwester daher auch, um mit einer Wandermuttergottes-Statue durch die Gegend zu ziehen, um Einwanderern und anderen Ungläubigen das Wort Gottes näher zu bringen. Schließlich soll Österreich endlich wieder katholischer werden. Doch dann wird Anna Maria von ihrer eigenen Vergangenheit heimgesucht. Ihr Ehemann Nabil (Nabil Saleh), ein an den Rollstuhl gefesselter Moslem, kehrt nach Jahren aus Ägypten zurück zu ihr in der Hoffnung, das gemeinsame Eheleben wieder aufzunehmen. Doch Anna Marias Liebe gehört nur noch Jesus Christus. Und so beginnt zwischen den Beiden ein Kleinkrieg, der nicht nur auf religiöser, sondern bald auch auf sehr persönlicher Ebene ausgetragen wird…

Die Filme von Ulrich Seidl sind schon ein ganz eigenes Kaliber. Mit seiner ungeschönten, nüchternen und dabei fast dokumentarischen Art und Szenen, die mitunter das Gefühl vermitteln, einfach nicht enden zu wollen, entziehen sich Seidls Arbeiten fast jeder Form gängiger Sehgewohnheiten. Das macht die Filme für Fans zu etwas ganz Besonderem, für andere Zuschauer aber lässt sie dies extrem sperrig, anstrengend oder sogar langweilig aussehen. "Paradies Glaube" ist da keine Ausnahme. Nachdem sich der Filmemacher in "Paradies Liebe" auf seine ganz spezielle Art das Thema Sextourismus vorgeknüpft hat, geht es dieses Mal der Religion an den Kragen. Es ist irgendwie schon faszinierend, wie Seidl mit viel bissigem Zynismus und beinahe schon satirischen Anleihen das Bild einer Frau entwirft, die wo immer es ihr möglich ist, von der Liebe Gottes zu predigen und dabei besonders eine Leitfigur der Nächstenliebe anbetet, die im Prinzip aber erfüllt ist von Angst und Verachtung allen Menschen gegenüber, die ihren Glauben nicht teilen. Dass ihr gerade gegenüber ihrem Ehemann jede Form von Hilfsbereitschaft und Gefühl fehlt, zeugt von einem völlig falsch verstandenen Glaubensverständnis, das nicht nur von Maria Hofstätter hervorragend gespielt ist, sondern auch auf eine beklemmende Art inszeniert ist.

Es ist schade, dass Seidl seine an sich interessanten Themen so sperrig und unzugänglich verpackt. Zumal sich auch immer wieder die Frage stellt, ob wirklich alle Szenen eine echte Bedeutung haben, oder ob der Regisseur nur auf Teufel komm raus provozieren will. Dieses Gefühl kam schon bei "Import Export" und in abgeschwächter Form bei "Paradies Liebe" auf. Bei "Paradies Glaube" drängt sich die Frage in einer Sequenz auf, in der Anna Maria auf dem Nachhauseweg im Park Zeugin einer nächtlichen Orgie wird. Es ist nicht die Tatsache, dass die Damen und Herren, die der Zuschauer hier beim munteren Gruppenkopulieren beobachten muss, nicht gerade zum attraktivsten Menschenschlag gehören, die hier negativ zu Buche schlägt. Vielmehr will sich einfach nicht erschließen, warum die Freiluftbegattung in allen Details und vor allem in ausführlichster Länge gezeigt werden muss. Die Wirkung auf Anna Maria wird nämlich schon nach wenigen Sekunden und durch die darauf folgende Szene deutlich. So hat diese Sequenz in dieser Form letztendlich nur einen Sinn: zu provozieren und um jeden Preis gegen den Strom des kommerziellen Filmemachens zu schwimmen. Und das verleiht dem Film nicht etwa zusätzliche Qualität oder Tiefe, sondern nimmt ihm viel von der Kraft, die andere Szenen durchaus ausstrahlen können.

Wer die Filme von Ulrich Seidl schätzt, der wird sich daran freilich nur wenig stören. Zumal "Paradies Glaube" inhaltlich wesentlich mehr und tiefere Diskussionsanstöße liefert, als "Paradies Liebe" und gerade durch seinen respektlosen Umgang mit der Thematik dramaturgisch äußerst interessant ausgefallen ist. Wer sich mit Seidls Inszenierungsstil anfreunden kann, dem kann daher auch dieser zweite Teil der "Paradies"-Trilogie wieder ans Herz gelegt werden. Wer aber schon mit seinen früheren Filmen Probleme hatte, der wird hier unter Garantie ganz nah an die Grenzen des Erträglichen geführt!

Ein Artikel von Sebastian Betzold

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Kino Trailer zum Film "Paradies Glaube (Österreich/Deutschland/Frankreich 2012)"
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