Für ihre mittlerweile fünfte Zusammenarbeit haben sich der preisgekrönte Regisseur Ridley Scott und Russell Crowe einer der größten britischen Legenden überhaupt an: Robin Hood!
Allerdings betritt das Erfolgsduo bei ihrer Version des berühmten Bogenschützen aus dem Sherwood Forest Neuland indem in dieser neuen Version nicht die allseits bekannte Legende, sondern deren Vorgeschichte erzählt wird. Und so kämpft Robin Hood zu Beginn noch als Robin Longstride an der Seite von König Richard Löwenherz in Frankreich gegen Englands Feinde. Doch als Robin offen seinen Unmut gegen das blutige Vorgehen seines Königs der unschuldigen Bevölkerung gegenüber äußert, fällt er in Ungnade. Als der König bei einem Gefecht offenbar tödlich verwundet wird, hält Robin nichts mehr in Frankreich. Er lässt den Krieg hinter sich und kehrt mit einer Gruppe treuer Begleiter zurück nach England. Auf dem Weg dorthin trifft er auf den sterbenden Robert Loxley, der die Krone des Königs nach England bringen sollte. Robin nimmt dem Ritter das Versprechen ab, sein Schwert zurück nach Nottingham zu seinen Vater Sir Walter Loxley (Max von Sydow) zu bringen.
Und so kehrt Robin als Robert Loxley zurück in seine Heimat, die unter der neuen Führung von Prinz John (Oscar Isaac) und seinem brutalen Handlanger Godfrey (Mark Strong) geradewegs auf einen Bürgerkrieg zusteuert. Als Robin in Nottingham mit ansehen muss, wie Loxleys Witwe Marian (Cate Blanchett) auf brutale Art um ihr Land gebracht werden soll, wird ihm klar: er muss gegen diese Ungerechtigkeit kämpfen, koste es, was es wolle...
Es ist Ridley Scott hoch anzurechnen, dass er versucht, einer Geschichte, die derart fest in der modernen Mythologie verankert ist, wie die Heldensage um Robin Hood, neue Seiten abzugewinnen. Der ursprüngliche Plan, die bekannte Variante einmal aus Sicht der Sheriffs von Nottingham zu erzählen, wäre allerdings mit Sicherheit die bessere und auch interessantere Wahl gewesen. Denn die Entscheidung, sich auf die Geschichte zu konzentrieren, wie Robin Longstride überhaupt zu Robin Hood geworden ist, bringt so einige Probleme mit sich, die dem Endergebnis nicht wirklich geholfen haben.
Davon abgesehen, dass Russel Crowe mit seinen 46 Jahren schlichtweg zu alt für die Rolle des Robin Hood ist, ist auch die stark um Realismus bemühte Inszenierung in diesem Fall eher störend, als einnehmend. Was bei "Gladiator" oder "Königreich der Himmel" noch eine große Stärke des jeweiligen Films gewesen ist, zerstört im Falle von "Robin Hood" das, was diese Legende an sich so faszinierend macht. Scotts in kalte Farben getauchte Abenteuergeschichte lässt jede Art von Helden-Romantik vermissen, die andere Verfilmungen des Stoffes so gelungen gemacht haben. Auch die Liebesgeschichte zwischen Robin und Lady Marian wirkt hier eher forciert, als wirklich ergreifend und zu Herzen gehend.
Das soll freilich nicht heißen, dass "Robin Hood" ein schlechter Film sei. Handwerklich ist das Werk einwandfrei (von einigen logischen Fehlern und Handlungslöchern einmal abgesehen) und auch die Darsteller können weitgehend überzeugen. Die Chemie zwischen Robin Hood und seinen Männern ist großartig und die Szenen, in denen sie sich erstmals gegen die Ungerechtigkeiten in Nottingham auflehnen, haben höchsten Unterhaltungswert. Und mit Oscar Isaac und Mark Strong wurden zwei großartige Bösewichter besetzt, gegen die Matthew Macfadyen als Sheriff von Nottingham harmlos und enttäuschend blass wirkt.
Doch gute Darsteller und eine handwerklich solide Inszenierung reichen eben nicht aus, um alle Schwächen des Films auszugleichen. Mit seinen hohen Ambitionen steht sich Ridley Scott dieses Mal einfach selber im Weg. Statt einfach nur gute Unterhaltung zu bieten, wollte er einen realistisch anmutenden Robin Hood präsentieren. Und der macht einfach längst nicht soviel Spaß, wie man es sich von einem Mythos dieser Art hätte wünschen können. Etwas weniger "Königreich der Himmel"-Feeling und etwas mehr Errol Flynn Abenteuerromantik und Ridley Scotts "Robin Hood" hätte der erste echte Knaller des Kinosommers werden können. So ist der Film lediglich ordentliche Unterhaltung für einen kurzweiligen Kinoabend – nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Ein Artikel von Sebastian Betzold