Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Drama |
Regie: | Markus Goller |
Kinostart: | 09.11.2017 |
Produktionsland: | Deutschland 2017 |
Laufzeit: | ca. 113 Min |
FSK: | ab 6 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/Simpel.DerFilm |
Aufopferungsvoll kümmert sich Ben (Frederick Lau) um seine kranke Mutter und um seinen geistig behinderten Bruder Barnabas (David Kross), der von allen nur "Simpel" genannt wird. Als die Mutter plötzlich stirbt, soll Simpel in ein Heim gebracht werden. Obwohl das für Ben bedeuten würde, dass er endlich ein eigenes Leben führen könnte, ist es für ihn unvorstellbar, seinen Bruder in ein Heim zu geben. Doch die Entscheidung liegt nicht bei ihm, sondern bei seinem Vater David (Devid Striesow), der die Familie vor Jahren verlassen hat und nun in Hamburg ein neues Leben führt. Ben ist fest entschlossen, seinen Vater zu finden und ihn dazu zu bringen, den Beschluss rückgängig zu machen. Kurzerhand entführt er Simpel und macht sich mit ihm auf den Weg in die große Stadt. Dabei treffen sie die Medizinstudentin Aria (Emilia Schüle) und den Sanitäter Enzo (Axel Stein), die auf dem schwierigen Weg noch eine wichtige Rolle für die beiden Brüder spielen werden…
"Simpel" ist die Adaption des gleichnamigen französischen Bestsellers von Marie-Aude Murai. Regisseur Markus Goller ("Eine ganz heiße Nummer", "Alles ist Liebe") hat gemeinsam mit seinem Co-Autor Dirk Ahner das Geschehen in den Norden Deutschlands verlegt und sich noch stärker als das Buch auf das Verhältnis zwischen den Brüdern konzentriert. Das Ergebnis hinterlässt einen etwas zwiespältigen Eindruck. Es steht dabei allerdings außer Frage, dass die Darsteller wirklich großartig sind. Das gilt nicht nur für David Kross, der als liebenswerter Simpel eine extrem kraftvolle Performance abliefert. Auch Frederick Lau beweist einmal mehr, dass er zu den größten Talenten des jungen deutschen Kinos gehört. Alleine die Szene, in der Ben seine tote Mutter findet, unterstreicht diesen Eindruck mehr als deutlich.
Nein, an den Schauspielern liegt es wirklich nicht, dass "Simpel" nicht auf ganzer Linie überzeugen kann. Vielmehr ist dies dem Drehbuch und leider auch der Inszenierung geschuldet. Während es viele wirklich ergreifende Szenen gibt, die ganz großartig umgesetzt sind, stören einige sehr überzeichnete Figuren und Momente das positive Gesamtbild deutlich. Ein gutes Beispiel ist die Figur von David, dem Vater von Ben und Barnabas. Devid Striesow spielt gerade zu Beginn absolut glaubhaft einen Mann, der mit einem behinderten Kind völlig überfordert war und der sich für seinen anderen Sohn eine gute Zukunft wünscht. Als Simpel dann bei ihm während einer Geburtstagsfeier auftaucht, eskaliert die Situation schnell. Und das auf eine Art und Weise, die zu überzogen scheint. Hier wäre eine sensiblere, zurückhaltende Zeichnung ebenso wünschenswert gewesen, wie etwa bei dem Heimleiter (Ludger Pistor), der fast schon eine Karikatur geworden ist.
Ein weiteres Problem sind einige der Dialoge, die zu konstruiert klingen, um wirklich glaubhaft zu sein. Dadurch wirken gerade viele emotionale Momente zu gespielt, was wiederum dazu führt, dass sie viel ihrer eigentlichen Wirkung verlieren. Angesichts der sehr gelungenen Momente ist es schade, dass der dort vorherrschende sensible, sehr authentische Ton nicht den ganzen Film über gehalten werden konnte. Trotz der wirklich starken Darsteller gibt es daher auch nur ein: Mit Abstrichen sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold