Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Station to Station |
Genre: | Dokumentarfilm |
Regie: | Doug Aitken |
Kinostart: | 16.07.2015 |
Produktionsland: | USA 2014 |
Laufzeit: | ca. 67 Min. |
FSK: | ab 6 Jahren |
Webseite: | www.StationToStation-DerFilm.de |
Ein Zug, 4.000 Meilen durch Amerika, 24 Tage, mit Halt an zehn verschiedenen Stationen. Das ist die Ausgangslage für ein ganz besonderes Projekt des Multimedia-Künstlers Doug Aitken. Das mag für sich genommen noch wenig spektakulär klingen. Wenn man den Zug nun aber noch mit anderen Künstlern bevölkert und an den einzelnen Stationen ganz besondere Happenings veranstaltet und daraus schließlich 62 Kurzfilme von jeweils 1 Minute Laufzeit bastelt, dann wird das Ganze zu einem ganz besonderen Videokunstwerk, das sich jetzt dort genießen lässt, wo es auch hingehört: im Kino! "Station to Station" bietet dabei auf zwei Ebenen ein ganz besonderes Seherlebnis. Zum einen ist das Ganze offensichtlich ein Kunstprojekt mit artifiziellem Charakter. Auf der anderen Seite bietet diese ungewöhnliche Reise durch Teile der USA einen sehr ursprünglichen, ehrlichen Blick auf das Land und die Menschen.
Gleichzeitig macht der Film mit seinen 62 Beiträgen deutlich, wie unterschiedlich man als Zuschauer die Länge einer Minute empfinden kann. So gibt es Kapitel, die derart faszinierende Bilder oder mitreißende Musik-Performances bieten, so dass die 60 Sekunden wie im Flug vergehen. Und dann gibt es auch einige etwas sperrigere Kurzfilme, die sich deutlich länger anfühlen, als nur 1 Minute. Sicherlich, auch diese Clips haben ihren Reiz und tragen zu dem interessanten wie mitreißenden Gesamteindruck bei. Dennoch fällt die unterschiedliche Qualität – die freilich stets im Auge des Betrachters liegt – durch die variierende Zeitempfindung recht deutlich auf.
Neben ganz normalen Menschen und Künstlern, die wahrscheinlich nur echten Kennern der amerikanischen Kunstszene ein Begriff sein dürften, geben sich in dem Film aber auch einem breiteren Publikum bekannte Künstler wie Beck, Komponist und Produzent Giorgio Moroder, Sänger Jackson Browne oder die Singer-Songwriterin Cat Power die Ehre. Und auch internationale Künstler wie der Schweizer Urs Fischer, der deutsche Konzeptkünstler Christian Jankowski oder der Brasilianer Ernesto Neto sorgen dafür, dass dieser Experimentalfilm zu solch einem bunten Kaleidoskop für Augen und Ohren geworden ist.
Man muss sich auf diesen Film absolut einlassen können. Es gibt keine Narrative und kaum zusammenhängende Elemente. Vielmehr wird dem Zuschauer eine Kollage von kurzen Clips geboten, die diesen sehr ungewöhnlichen Roadtrip durch die USA zu einem ganz besonderen Erlebnis für die Sinne machen. Für Kunstliebhaber die perfekte Ergänzung zu einem Besuch der großen Doug Aitken Ausstellung, die noch bis zum 27.09.2015 in der SCHIRN in Frankfurt zu sehen ist. Wer dagegen eine Dokumentation im klassischen Sinn erwartet, der wird mit diesem Video-Kunstwerk garantiert überfordert sein. Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold