Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | The Jungle Book |
Genre: | Abenteuer, Kinderfilm |
Regie: | Jon Favreau |
Kinostart: | 14.04.2016 |
Produktionsland: | USA 2016 |
Laufzeit: | ca. 106 Min. |
FSK: | ab 6 Jahren |
Webseite: | www.junglebook-film.de |
Es gibt wohl kaum jemanden, der den Disney-Zeichentrickklassiker "Das Dschungelbuch" nicht kennt. Der Film ist einfach zeitlos und begeistert seit fast fünfzig Jahren immer wieder aufs Neue kleine und große Zuschauer. Da erscheint es eigentlich völlig unnötig, diesen unsterblichen Klassiker neu aufzulegen – und dann noch als (teilweise) Realfilm. Dennoch hat sich Disney dazu entschieden, eine neue Version des "Dschungelbuchs" zu inszenieren, für die "Iron Man"-Regisseur Jon Favreau gewonnen werden konnte. Die Geschichte bleibt im Kern gleich: Der kleine Menschenjunge Mogli (Neel Sethi) wird im Dschungel von Wölfen großgezogen. Als der böse Tiger Shir Khan (gesprochen von Ben Becker) Moglis Tod fordert, beschließen seine Zieheltern Raksha (Heike Makatsch) und Akela (Justus von Dohnányi) gemeinsam mit dem Panther Baghira (Joachim Król), dass es Zeit wird, Mogli zu den Menschen zu bringen, wo er in Sicherheit vor Shir Khan wäre. Doch Mogli will den Dschungel nicht verlassen. Als er auf seiner Reise den liebenswerten Bären Balu (Armin Rohde) trifft und sich mit ihm anfreundet, steht sein Entschluss fest: er bleibt bei dem Bären! Doch der Dschungel steckt voller Gefahren für ein kleines Menschenkind wie Mogli, was der Junge bald am eigenen Leib erfahren muss…
"The Jungle Book" schafft ein kleines Kunststück: einerseits hält sich der Film eng an die Zeichentrickvorlage und zollt ihr auch immer wieder Tribut. Andererseits hat Jon Favreau aus dem bekannten Stoff etwas ganz Eigenes geschaffen, das durchaus die Berechtigung hat, neben dem beliebten Klassiker zu existieren. Der Geschichte hat Drehbuchautor Justin Marks ("Suicide Squad") einige neue Aspekte hinzugefügt, während andere (wie etwa Moglis Begegnung mit den Geiern) gestrichen wurden. Von den bekannten Songs hat Favreau nur zwei direkt übernommen, ein Dritter taucht im Abspann auf. Doch die großartige Filmmusik von John Debny zitiert immer wieder auch den Original-Score und andere Songs, was beim Zuschauer ein angenehmes Gefühl von Vertrautheit in neuer Umgebung erweckt.
Der deutlichste Unterschied – von der visuellen Umsetzung natürlich abgesehen – zwischen den beiden Versionen ist der grundsätzliche Ton. Während die Zeichentrickversion in erster Linie fröhlich ist und mit viel Humor und Gesangseinlagen durchaus Kindern ab 5 Jahren gezeigt werden kann, ist "The Jungle Book" deutlich düsterer und furchteinflößender. Nicht nur Shir Khan, auch King Louie und Schlange Kaa könnten bei einigen kleinen Dschungel-Fans für Alpträume sorgen. Selbst bei älteren Zuschauern sorgt Moglis Flucht vor dem wildgewordenen King Louie gerade in der 3D Version für Gänsehaut. Und wenn Shir Kahn auf besonders drastische Art deutlich macht, was für Konsequenzen es haben wird, wenn man ihm Mogli nicht ausliefert, dann werden wohl einige Kindertränchen fließen – aus Furcht oder aus Trauer.
Allerdings gibt es auch jede Menge Humor und leichtere Momente, die ein sehr gutes Gegengewicht zu den düsteren Augenblicken darstellen. Wenn etwa Mogli Balu dabei hilft, Honigwaben zu ernten und die Beiden mit einem sehr bekannten Lied auf den Lippen die gemütlichen Seiten des Lebens genießen, sorgt das einfach für gute Laune. Doch die ganz großen Lacher, wie sie in der Zeichentrickversion zu finden sind (Balus "Undercover"-Auftritt bei King Louie etwa), gibt es in dieser Version nicht. Dafür aber ganz große Emotionen, Spannung und natürlich jede Menge visuelles Spektakel. Denn womit Favreaus Version eindeutig auftrumpfen kann, sind die Effekte. Die sind gelinde gesagt atemberaubend. Die tierischen Darsteller sind so lebensecht animiert, dass es zu Beginn ein wenig gewöhnungsbedürftig ist, dass sie sprechen können. Doch das ändert sich schnell, denn durch das, was Jon Favreau und sein Team geschaffen haben, ist es als Zuschauer nahezu unmöglich, nicht in diese magische Welt einzutauchen.
Dabei sind die Landschaften ebenso faszinierend, wie die Fell, Mimik und Bewegungen der Tiere. Obwohl das Meiste am Computer entstanden ist, pulsiert hier regelrecht das Leben und man kann sich daran kaum sattsehen. Dabei hat Favreau aber eines nicht vergessen: sein Film ist nicht nur ein technisch brillantes CGI-Spektakel, sondern hat auch noch jede Menge Seele und Herz. Sicherlich, es fehlt ein wenig von dem unvergleichlichen Charme des Originals. Und ja, strenggenommen ist "The Jungle Book" ein Recycling-Produkt. Aber wie hier aus etwas so Bekanntem und Beliebten etwas Neues und Eigenes gemacht wurde, und gleichzeitig das Original dabei derart liebevoll gehuldigt wird, ist einfach großartig. Und dafür gibt es für alle Zuschauer ab 8 Jahren ein klares: Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold