Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Tully |
Genre: | Drama, Komödie |
Regie: | Jason Reitman |
Kinostart: | 31.05.2018 |
Produktionsland: | USA 2018 |
Laufzeit: | ca. 95 Min |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/TullyDE |
Marlo (Charlize Theron) liebt ihre Familie, keine Frage. Doch nach der Geburt ihres dritten Kindes ist sie einfach komplett überfordert. Die Nerven liegen blank und akuter Schlafmangel macht die Sache auch nicht gerade leichter. Ihr Mann Drew (Ron Livingston) versucht so gut er kann, sie zu unterstützen, was sein Beruf aber nicht immer erlaubt. Da macht Marlos Bruder (Mark Duplass) ihr ein besonderes Geschenk macht: Eine „Night Nanny“, die nachts das Ruder übernimmt und sich um die Kinder und den Haushalt kümmert. Marlo ist zunächst skeptisch gegenüber dem Gedanken, eine fremde Person nachts in ihrem Haus leben und sich um ihre Kinder kümmern zu lassen. Doch als sie die junge, smarte und engagierte Tully (Mackanzie Davis) kennenlernt, kann sie sich nicht nur endlich fallen lassen. Es entwickelt sich auch eine ganz besondere Freundschaft zwischen den beiden Frauen, die Marlos Leben nachhaltig verändern könnte...
Nach "Juno" haben sich Regisseur Jason Reitman und Drehbuchautorin Diablo Cody für "Tully" erneut zusammen getan. Inspiriert wurde Cody von ihren eigenen Erfahrungen als dreifache Mutter – und von den Gedanken, die trotz aller Liebe und allem Glück mit den daraus resultierenden Belastungen wie akutem Schlafmangel einhergehen. Allerdings sollte es keine allzu schwere Geschichte über eine Frau mit postnatalen Depressionen werden. Vielmehr sollte von der unerwarteten Freundschaft zweier Frauen und der daraus resultierenden wiederentdeckten Freude am Ich, aber letztendlich auch an der Familie erzählt werden.
Diese Geschichte scheint allen Konventionen zu folgen. Alles scheint recht vorhersehbar – bis es dann doch zu einer Wendung kommt, die man so nicht kommen sieht. Diese wird hier natürlich nicht verraten. Nur so viel kann gesagt sein: Am Ende ist "Tully" nicht der Film, den man zu sehen geglaubt hat. Und genau daraus bezieht er auch seine Stärke. Inszenierung, Drehbuch und vor allem die schauspielerische Leistung von Charlize Theron sind sehr gut. Aber am Ende auch trotz ihrer Qualität irgendwie etwas beliebig. Wirklichen Eindruck hinterlässt der Film erst durch seine unerwartete Wendung, die gerade Zuschauern, die selbst Eltern sind, sicherlich einiges zum Nachdenken liefert.
"Tully" ist ein Film, dem man wirklich bis zum Ende eine Chance geben sollte. Sicherlich, einiges wirkt etwas konstruiert oder arg klischeehaft. Doch es gibt am Ende eine Rechtfertigung für all das, was man zunächst vielleicht kritisiert hätte – oder zumindest für die meisten dieser Punkte. Ja, trotz seiner recht kurzen Laufzeit gibt es einige Längen. Und ja, dies ist nicht Jason Reitmans stärkster Film. Doch unterm Strich ist es ein starkes und durchaus auch relevantes, mit leichter Komik durchzogenes Drama, das den Zuschauer geschickt hinters Licht führt. Und dafür gibt es ganz klar ein: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold