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Neue Pläne für den "Ginnheimer Spargel"

08.08.2019 | 10:43 Uhr | Lieblingsorte
Neue Pläne für den 'Ginnheimer Spargel'
Neue Pläne für den 'Ginnheimer Spargel'

Viele Frankfurter, die älter als 30 sind, erinnern sich sicherlich noch an die Zeiten, in denen der Europaturm, liebevoll "Ginnheimer Spargel" genannt, nicht nur einer der höchsten Fernmeldetürme der Welt, sondern auch ein beliebtes Ausflugs- und Freizeitziel war. Da konnte man mit tollem Blick auf die City leckeren Kuchen essen oder bei Single-Partys Ausschau nach dem nächsten Herzblatt machen. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Der 1979 fertiggestellte, 311 Meter hohe Turm, der einst Frankfurter wie auch Touristen in Scharen angezogen hatte, ist seit zwei Jahrzehnten für den Publikumsbetrieb geschlossen. Als Funkstandort ist der Europaturm dagegen noch immer in Betrieb. 

Gemeinsam mit dem Hamburger Bundestagsabgeordneten und Obmann im Bundestags-Haushaltausschuss Johannes Kahrs besichtigte Oberbürgermeister Peter Feldmann am Montag das Frankfurter Wahrzeichen. Gemeinsam soll über neue Nutzungsmöglichkeiten und sogar über eine mögliche Öffnung für die Bürger nachgedacht werden. Denn für Oberbürgermeister Feldmann ist klar: „Viele Frankfurter sind damit groß geworden, dass sie mit ihren Familien oder mit Besuchern aus anderen Städten von der Aussichtsplattform auf unsere Skyline, auf den nahen Taunus geschaut haben. Auch ich kann mich noch gut daran erinnern, auch daran, dass der "Ginnheimer Spargel" ein Erkennungszeichen ist, das uns bei der Heimreise immer ein Gefühl von Zuhause ankommen vermittelt. Es wäre großartig, wenn es uns gelänge, dieses Frankfurter Wahrzeichen wieder allen Frankfurtern zugänglich zu machen.“ 

Da würden ihm sicherlich ganz viele Frankfurter zustimmen. Und auch Johannes Kahrs plädiert für eine Öffnung des Turms: „Früher standen Fernsehtürme für Fortschritt, Technik und Zukunft - heute für Heimat, Freizeit und Geschichte. Fernsehtürme wirken erst, wenn sie für alle geöffnet sind. Nur Tun bewegt“, fügte er den Äußerungen des Oberbürgermeisters hinzu. Der Geschäftsführer der Deutsche Funkturm, Bruno Jacobfeuerborn, ergänzte: „Der Europaturm ist in doppelter Hinsicht ein prägendes Bauwerk für Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet. Er versorgt die Region seit 40 Jahren mit wichtigen Funkdiensten und wird auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil der Medieninfrastruktur sein. Gleichzeitig ist er als Wahrzeichen nicht mehr aus der Frankfurter Skyline wegzudenken.“ 

Der „Ginnheimer Spargel“ hat eine bewegte Geschichte hinter sich, von der heute in der leeren Kanzel freilich nur noch wenig zu spüren ist. Nachdem das innerstädtische Fernmeldehochhaus als Antennenträger für Richtfunkstrecken nicht mehr ausreichte, entschied sich die damals verantwortliche Deutsche Bundespost zum Bau des Fernmeldeturms. Nach fünfjähriger Bauzeit war der mit seiner Antenne 337,33 Meter hohe und 75 Millionen D-Mark teure Europaturm fertig. Mit einem Durchmesser von 59 Metern ist die sechs Stockwerke hohe Kanzel in 227 Metern Höhe die weltweit breiteste. Sie ermöglicht einen grandiosen Blick über das gesamte Rhein-Main-Gebiet. 

Kein Wunder, dass dieser einzigartige Platz über viele Jahre hinweg als Diskothek, Restaurant und Aussichtsplattform genutzt wurde. Mehrere leistungsfähige Aufzüge brauchten die Besucher mit einer Geschwindigkeit von 4 Metern pro Sekunde nach oben. In den sechs Salons des Restaurants fanden bis zu 220 Gäste Platz und in der Diskothek traten damalige Schlagerstars wie Rex Gildo, Jürgen Drews und Bata Ilic auf. 

Allerdings war es trotz des riesigen Zuspruchs und meist ausgebuchter Plätze schwierig, die Einrichtungen wirtschaftlich zu betreiben. So wurde der Europaturm 1999 für die Öffentlichkeit geschlossen. Dies hatte auch mit den Auflagen der Brandschutzordnung zu tun, die einen Millionenaufwand erfordert hätten. Die technischen Rahmenbedingungen hatten sich mit den Jahren ebenfalls geändert. Techniker mussten das Gebäude nur noch selten besuchen, weil die modernen Sendeanlage längst aus der Ferne gesteuert werden können. 

Als Nachfolgerin der Deutschen Bundespost bietet heute die DFMG Deutsche Funkturm den Turm verschiedenen Unternehmen als Standort für Funkdienste an. Dazu zählen unter anderem digitales Fernsehen, analoges und digitales Radio, Richtfunkverbindungen für besonders hohe Datenübertragungen, Mobilfunk sowie spezielle Datendienste zur Unterstützung von High Frequency Trading. 

Ob und wie der „Ginnheimer Spargel“ wieder für Besucher geöffnet werden kann, ist noch unklar. Es ist allerdings davon auszugehen, dass es wohl eine Nutzung wie einst nicht geben wird, da dafür umfangreiche und sehr teure Baumaßnahmen getätigt werden müssten. Aber das bedeutet ja nicht, dass der Turm nicht vielleicht in Rahmen von geführten Touren oder zu speziellen Events geöffnet werden könnte. Hoffen wir also, dass die Gespräche zwischen dem Oberbürgermeister und Johannes Kahrs fruchten werden und es vielleicht irgendwann wieder die Möglichkeit gibt, Frankfurt von einem seiner größten Wahrzeichen aus zu betrachten.

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