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1.000 leere Stühle auf dem Römerberg – Frankfurt beteiligt sich am bundesweiten Aktionstag der Gastronomie

24.04.2020 | 14:01 Uhr | Kulinarisches
1.000 leere Stühle auf dem Römerberg – Frankfurt beteiligt sich am bundesweiten Aktionstag der Gastronomie
1.000 leere Stühle auf dem Römerberg – Frankfurt beteiligt sich am bundesweiten Aktionstag der Gastronomie

Es war ein ungewohntes Bild in der derzeitigen Lage: Der Römer war seit Wochen das erste Mal wieder gut gefüllt. Allerdings nicht mit Menschen, denn die halten sich zum Glück noch in weiten Teilen an die geltenden Abstandsregeln. Es waren 1.000 leere Stühle, die heute den Platz vor Frankfurts Rathaus füllten. Mit dieser Aktion ist die Initiative Gastronomie Frankfurt e. V. (IGF) einem Aufruf des Gastronomie-Netzwerk Leaders Club Deutschland gefolgt, das für den heutigen Freitag einen bundesweiten Aktionstag ins Leben gerufen hat, um auf die prekäre Lage der Gastronomie aufmerksam zu machen. Neben Frankfurt standen noch in 74 anderen deutschen Städten leere Stühle an zentralen Plätzen, die symbolisch für leere Restaurants stehen. In Frankfurt lautet die Forderung der IGF und DEHOGA Hessen, dass die Stadt einen kommunalen Hilfsfond für besonders betroffene Unternehmen einrichten soll und keine Kürzungen im Budget der Frankfurter Tourismus- und Congress GmbH vornehmen darf. 

Dabei gibt es in der derzeitigen Situation immerhin schon einen kleinen Lichtblick in Form der jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung zur temporären Einführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie und die Erhöhung des Kurzarbeitergelds. „Das ist ein großer Schritt nach vorne und wir danken allen, deren Überzeugungsarbeit für die Branche nun Ergebnisse zeigt, wozu natürlich auch unser Bundesverband DEHOGA zählt. Allerdings müssen wir nun schauen, wie wir das Massensterben gastronomischer Betriebe verhindern, bis die Maßnahmen greifen“, stellt Leaders-Club-Präsident Michael Kuriat fest. Allerdings gibt es bei diesen im Kern positiven Maßnahmen noch Nachbesserungsbedarf. 

Forderung nach mehr Unterstützung 

„Wir sind sehr froh und dankbar, dass unsere Anliegen von der Politik endlich gehört werden“, betont Patrick Rüther, Vorstandsvorsitzender des Leaders Club Deutschland. Doch leider seien die angekündigten Maßnahmen für die Gastro-Branche nur eingeschränkt hilfreich. „Die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ab dem vierten Monat geht an den Bedürfnissen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorbei, da wir ja hoffen, dass wir sie bis dahin längst wieder zu mindestens 50 Prozent beschäftigen werden“, erläutert Leaders Club Vorstand Kerstin Rapp-Schwan. „Sie brauchen sofort mehr Unterstützung!“ 

Keine belastbare Perspektive 

Auch die vorübergehende Reduzierung der Mehrwertsteuer für Speisen auf sieben Prozent von Juli an halten alle Gastronomie-Verbände für gut und richtig. Allerdings: „Die sieben Prozent werden für deutlich reduzierte Einnahmen gelten: Aufgrund der dringend benötigten Abstands- und Hygieneregelungen und des zu erwartenden veränderten Gastverhaltens rechnen wir mit 50 Prozent weniger Umsatz. Die Befristung bietet außerdem keine belastbare Perspektive für die Rückzahlung der von uns in der Krise aufgenommenen Kredite.“ Ohne sofortige Zuschüsse könnten viele gastronomische Betriebe den 1. Juli gar nicht mehr erleben, befürchtet Rüther. „Außerdem sollten die sieben Prozent auch auf Getränke angewendet werden, da Bars und getränkelastige Gastronomie sonst auf der Strecke bleiben.“ 

Gastronomie braucht Sicherheit 

Weiterhin entscheidend ist für die Branche ein Fahrplan, wann und unter welchen Bedingungen die Gastronomie in Deutschland wieder öffnen darf. „Wir freuen uns, dass es vorwärts geht. Aber wir brauchen mehr Sicherheit, um für den Sommer und darüber hinaus planen zu können“, sagt Kerstin Rapp-Schwan. „Wir erwarten endlich verbindliche Richtlinien für unsere Branche, um eine Ausbreitung des Virus in unseren Betrieben zu verhindern, und bringen uns hierzu gerne ein.“ 

Das Problem hierbei ist natürlich – wie in allen Bereichen des öffentlichen Lebens – dass klare Fahrpläne in einer sich quasi täglich verändernden Situation kaum möglich sind. Aber generelle Richtungsweisungen sind durchaus möglich, die dann notfalls auch kurzfristig angepasst werden können. 

Aktionstag am heutigen 24. April 

Und um von der Politik ein klares Zeichen einzufordern, ging heute eben diese kreative Protestaktion Aktion #LeereStühle an den Start, an der sich Gastronomen in ganz Deutschland beteiligt haben. „Dabei hatte der Infektionsschutz für uns höchste Priorität“, unterstreicht Michael Kuriat. „Es ging darum, möglichst viele Stühle, aber möglichst wenige Menschen auf den Plätzen zu haben. Alle Teilnehmer waren dazu aufgerufen, dafür Sorge zu tragen, dass keine Kollegen, Mitarbeiter oder Gäste zu den Aktionsorten kamen.“ 

Die Stellungnahme der IGF im Detail: 

1. Wir sind dankbar für die bisher getroffenen Entscheidungen der Bundesregierung und des Bundeslandes Hessen. Wir spüren die Wertschätzung und erkennen den Willen, zu helfen. Dabei geht die Politik pragmatisch, aber nicht konsequent genug vor. Perspektiven und der Schulterschluss mit dem Gastgewerbe werden vermisst. Zudem sind die Hilfsprogramme nicht ausreichend. 

2. Die Mitarbeiter in der Gastronomie sind die Säulen unserer Unternehmen. Die Gehälter in der Branche sind nicht hoch, das Trinkgeld ist oft das „Salz in der Suppe“ und für viele ein wichtiger Einkommensbestandteil. Ein Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 Prozent bedeutet für viele daher ein reales Einkommen in Höhe von nur 40 Prozent gegenüber dem regulären Einkommen. Es ist wichtig, jetzt diesen Mitarbeitern zu helfen, die zu großen Teilen Grundsicherung beantragen müssen. Wir begrüßen, dass diese nun erweiterte Möglichkeiten haben, mit Nebenjobs das Gehalt aufzustocken. Wir hätten uns aber gewünscht, dass die untersten Gehaltsstufen bereits ab dem Monat Mai eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes erfahren. 

3. Die zuletzt getroffene Entscheidung über die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent auf Speisen ist ein wichtiger Schritt, weil er mittelfristig Perspektiven aufzeigt. Wir hätten uns aber eine längere Dauer als ein Jahr gewünscht, weil wir mit deutlich niedrigeren Umsätzen in Folge der zu erwartenden Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen rechnen und daher länger brauchen werden, um die Kredite, die wir jetzt aufnehmen, zu tilgen. Die Branche wird im ersten Jahr nach Öffnung maximal 50 bis 75 Prozent des alten Umsatzniveaus erreichen. Messen, Tourismus und Events, also wichtige Umsatzbringer, fallen länger aus. Weiterhin kritisieren wir, dass die Steuersenkung nur einen Teilbereich der gastronomischen Betriebe betrifft, auch, wenn das die Mehrheit der Betriebe darstellt. 

4. Die Branche leidet in Folge von Umsatzeinbrüchen zwischen 70 und 100 Prozent bei laufenden Kosten massiv an Liquiditätsproblemen. Die Unternehmen müssen kommende Woche erneut die Löhne vorab bezahlen, da sich die Auszahlung beziehungsweise Erstattung des Kurzarbeitergeldes sich weiterhin verzögert. Mieten sind nur gestundet, müssen also bei Wiederaufnahme des Betriebes bezahlt werden. Umso wichtiger ist es, dass wir den von uns und dem DEHOGA geforderten Rettungsfonds mit direkten Finanzhilfen für alle Unternehmen der Branche schnell erhalten. Ohne direkte Finanzhilfen werden viele diese Krise nicht überstehen und somit gar nicht erst in den Genuss der reduzierten Mehrwertsteuersätze kommen. Monatelang keine Umsätze bei weiterhin hohen Kosten, insbesondere hohen Pachten, verkraftet auch das gesündeste Unternehmen nicht. Die Höhe der einzelnen Finanzhilfen sollte sich dabei nach der Größe des Unternehmens, seinem Umsatz und der Dauer der Schließung richten. Einfachster Gradmesser ist die Steuerleistung im Jahr 2019. Ohne Soforthilfemaßnahmen werden mindestens 30 Prozent der Betriebe den 1. Juli nicht erleben. 

5. Wir benötigen die Unterstützung des Bundes und der Länder im Umgang mit der Versicherungswirtschaft, die trotz bestehender Betriebsschließungsversicherungen nicht für den entstandenen Schaden aufkommen will bzw. den Betrieben „Almosen“ anbietet. Die Versicherungswirtschaft muss in die Verantwortung genommen werden. 

6. Dort, wo der Staat, das Land oder die Kommune Vermieter oder Verpächter von gastronomischen Betrieben und Hotels sind, brauchen wir einen Mietverzicht von mindestens 30 Prozent. Hier muss die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen. Stundungen helfen nicht und sind nicht fair, da der Mieter alleinig für den unverschuldeten Schaden aufkommen muss. 

7. Ganz wichtig wird bleiben, dass die Bundesregierung und die Landesregierungen der Branche in ihrem nächsten Austausch am 30. April 2020 eine Perspektive für die Wiedereröffnung geben. Viele Unternehmen stehen vor der Entscheidung, sich massiv in Folge der Krise zu verschulden. Die Auswirkung wird die Branche noch viele Jahre spüren. Unternehmerisch entspricht das einem Harakiri, diesen Schritt ohne konkrete Perspektive zu wagen. Es braucht daher einen abgestimmten Fahrplan. Auch hier bringen sich die Gastronomen und deren Verbände sehr konkret ein und zeigen auf, welche Schutzkonzepte die Branche entwickelt. Denn keine Frage: Für unsere Branche der Gastfreundschaft hat die Gesundheit der Gäste und Mitarbeiter oberste Priorität. 

Über die IGF:

Die IGF wurde Ende 2015 ins Leben gerufen und setzt sich unter ihrem Vorstandsvorsitzenden Madjid Djamegari und seinem Stellvertreter James Ardinast für die Interessen der Gastronomen und die Position des Gastgewerbes in Frankfurt am Main ein. Ziel ist es, einen kontinuierlichen und partnerschaftlichen Dialog mit der Stadt, Behörden, Politik, Wirtschaft und weiteren Interessengemeinschaften zu führen und zu fördern. Damit will die Initiative zu einer verbesserten und positiven öffentlichen Wahrnehmung der Gastronomieszene beitragen und in diesem Sinne das Gewerbe attraktiver, gerechter und sicherer für nationale und internationale Gäste sowie Arbeitgeber und Arbeitnehmer machen. Aktuell gehören der IGF 90 Betriebe aus Frankfurt und Offenbach an.

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