Eines der baulichen Großprojekte in Frankfurt nimmt immer deutlichere Formen an. Das wurde bei einem Pressetermin am vergangenen Donnerstag auf besonders beeindruckende Art deutlich. Hier wurde bei der Firma Herrenknecht die Frankfurter Tunnelbohrmaschine vorgestellt, die dafür eingesetzt werden wird, um die unterirdischen Röhren ins Europaviertel zu bohren. Durch die Röhren soll dann in Zukunft die U5 bis ins Europaviertel fahren. Der Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF), Michael Rüffer, die Geschäftsführer der Stadtbahn Europaviertel Projektbaugesellschaft (SBEV), Wendelin Friedel und Florian Habersack, sowie Vertreter der Arbeitsgemeinschaft U5 Europaviertel (ARGE) nahmen die Maschine in kompletter Größe in Augenschein.
„Es ist beeindruckend so eine Maschine komplett zu sehen und einmal um sie herum zu gehen. Kaum vorstellbar, dass dieser Koloss bald in Frankfurts Untergrund unterwegs sein wird“, sagte VGF-Geschäftsführer Michael Rüffer im Rahmen der Abnahme im Herstellerwerk im badischen Schwanau.
Kein Wunder, dass nicht nur Rüffer beeindruckt war. Denn die „S1127“, so die offizielle Bezeichnung der Herrenknecht Maschine, hat eine Länge von mehr als 80 Metern und ein Gewicht von rund 580 Tonnen. Der Einsatz eines solchen Kolosses ist auch in einer von Baustellen durchzogenen Stadt wie Frankfurt wahrlich nicht alltäglich. Mit einer Formel1-reifen Leistung von 1305 PS wird sich die Maschine durch den Frankfurter Boden arbeiten. Am Kopf der Maschine befindet sich zu diesem Zweck das Schneidrad. Es hat einen Durchmesser von 7,1 Metern und ist eine Sonderanfertigung, speziell an die Gegebenheiten des Frankfurter Bodens angepasst. Am Schneidrad arbeiten sich circa 100 Schälmesser und 29 Schneidrollen durch die Erde. Pro Tunnelröhre legt die Maschine dabei eine Strecke von 850 Metern zurück – etwas mehr als zwei Runden um einen Sportplatz.
Mit der Verlängerung der Linie U5 über den Hauptbahnhof hinaus nach Westen erhält das neue und expandierende Viertel einen leistungsfähigen Anschluss an das städtische Nahverkehrsnetz. Der tiefste Punkt des zukünftigen Tunnels – der Neubau zweigt unterirdisch am Platz der Republik von der Bestandsstrecke ab – liegt 22 Meter unter der Oberfläche.
SBEV-Geschäftsführer Wendelin Friedel sagte zum geplanten Bauverfahren: „Im Lauf des Frankfurter U-Bahn-Baus wurde bisher zweimal ein teilmechanisierter Schildvortrieb eingesetzt, quasi Vorgänger dieser Maschine. Eine Premiere ist nun der Einsatz einer vollautomatischen Tunnelvortriebsmaschine, auf die wir alle sehr gespannt sind.“ Die Maschine wird an sieben Tagen die Woche 24 Stunden in Betrieb sein.
Laut Plan nimmt die Tunnelbohrmaschine ihre Arbeit für die unterirdische Streckenführung von der Startbaugrube – Europa-Allee, Höhe Stockholmer Straße – in östliche Richtung bis zum Anschlussbauwerk am Platz der Republik in der zweiten Jahreshälfte 2018 auf. Das Areal zwischen der Tiefgaragenzufahrt Skyline Plaza und der Emser Brücke dient während der Tunnelbauarbeiten als Lager und Transportfläche, bevor der dortige Tunnelteil und die Rampe in offener Bauweise errichtet werden, also in einer offenen Baugrube. Der ambitionierte Bau liegt in den Händen der ARGE U5 Europaviertel, die aus zwei Firmen besteht: der PORR Deutschland GmbH und der Firma Stump Spezialtiefbau GmbH. Sie ist für den Bau des unterirdischen Streckenteils und den Rohbau der in diesem Abschnitt liegenden unterirdischen Station Güterplatz verantwortlich.
Doch der Einsatz des schweren Geräts ist nicht der Beginn der Bauarbeiten, diese laufen schon. Derzeit werden im östlichen Teil der Europa-Allee die Wände der Startbaugrube für die jetzt vorgestellte Tunnelbohrmaschine hergestellt, im Anschluss folgt der Aushub der rund 18 Meter tiefen Grube selbst. Im Bereich der späteren Untergrund-Station werden ebenfalls die Wände der Baugrube errichtet. Aber erst nachdem beide Tunnelröhren im Rohbau fertig gestellt worden sind – in der Sprache der Bergleute spricht man von „auffahren“ – kann die Baugrube der Station ausgehoben werden. Das Auffahren der beiden Tunnelröhren wird nach jetzigem Stand etwa zwölf Monate dauern. Hinzu kommt die Dauer für die Montage der Tunnelbohrmaschine sowie das Zurückziehen derselben aus der ersten und Umsetzen in die zweite Röhre, da die beiden Tunnel nacheinander gebohrt werden.
Im Jahr 2020 sollen die Bauarbeiten für den oberirdischen Streckenabschnitt und der Ausbau des im Rohbau schon fertiggestellten Tunnels unter dem Europagarten beginnen. Der Abschluss der Bauarbeiten an der rund 2,7 Kilometer langen Strecke mit insgesamt vier neuen Stationen – davon drei oberirdisch – ist für Ende 2022 vorgesehen.
Da „S1127“ beim Bau eine zentrale Rolle einnehmen wird, der Name aber nicht wirklich schön klingt, soll die Frankfurter Maschine – wie bei Tunnelbau-Projekten üblich – einen richtigen Namen bekommen. Traditionell ist das ein weiblicher Vorname, der auf unterschiedliche Weise gefunden wird: Manche Maschinen werden einfach von den Mineuren getauft, andere mit Beteiligung der Öffentlichkeit. Die Frankfurter Maschine soll im Rahmen eines öffentlichen Wettbewerbs einen klangvollen Namen bekommen. Vorschläge können ab sofort per Email an <link>TVM@sbev-frankfurt.de oder per Post an SBEV GmbH, Mainzer Landstraße 191, 60327 Frankfurt schriftlich eingereicht werden. Einsendeschluss ist Freitag, 1. Juni 2018.
Aus den Einsendungen wird eine Jury aus Verkehrsdezernat, VGF-Geschäftsführung, SBEV-Geschäftsführung und VGF-Unternehmenskommunikation den Namen auswählen. Der Gewinner kann sich über einen exklusiven Besuch auf der Frankfurter Tunnelbohrmaschine freuen, die nach derzeitigem Planungsstand ihre Arbeit in der zweiten Jahreshälfte 2018 aufnehmen wird.