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LORIOT WIRD FRANKFURTER

12.11.2025 | 14:30 Uhr |
LORIOT WIRD FRANKFURTER

Loriots künstlerischer Nachlass und das Studio Loriot ziehen dauerhaft an das Caricatura Museum für Komische Kunst am Main

Der wohl bedeutendste Nachlass der deutschen Komik bekommt eine neue Heimat: Der vollständige künstlerische Nachlass von Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot, geht als Dauerleihgabe an das Caricatura Museum für Komische Kunst in Frankfurt. Das teilten Kulturdezernentin Ina Hartwig und Museumsleiter Martin Sonntag anlässlich des 102. Geburtstags des Künstlers mit.

Damit wird Frankfurt endgültig zu einem Zentrum der deutschen Satiregeschichte. Das Caricatura Museum hatte bereits 2023/24 die offizielle Jubiläumsausstellung zum 100. Geburtstag Loriots gezeigt – mit 130.000 Besucherinnen und Besuchern ein großer Erfolg. Nun zieht nicht nur der Nachlass, sondern auch das Studio Loriot von Berlin an den Main.

Ein kultureller Schatz – und ein Vertrauensbeweis

Für Kulturdezernentin Hartwig ist die Entscheidung der Familie von Bülow ein Signal weit über die Stadtgrenzen hinaus. „Es geht hier wirklich um einen kulturellen Schatz“, sagte sie. Man sei sich der Verantwortung bewusst: „Wir sind uns darüber im Klaren, welches Vertrauen uns die Familie von Bülow entgegenbringt. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich. Dieses große Vertrauen geht für uns zugleich mit einer großen Verantwortung einher.“

Auch Museumsleiter Sonntag spricht von einem „Glücksfall“ – für sein Haus wie für die Stadt. Die Nähe zwischen der Neuen Frankfurter Schule, deren Werke den Kern der Sammlung des Caricatura Museums bilden, und Loriot sei inhaltlich seit jeher groß gewesen. „Die Neue Frankfurter Schule und Loriot waren und sind inhaltlich nicht weit voneinander entfernt. Dass sie nun hier zusammengeführt werden, ist ein Glücksfall“, sagte Sonntag.

Vom Starnberger See an den Weckmarkt

Seit Loriots Tod im Jahr 2011 wurde sein Nachlass im Studio und in der Villa der Familie von Bülow im Ammerland am Starnberger See aufbewahrt. Dort hatte der Künstler mit seiner Frau Rose-Marie gelebt und gearbeitet. Nach dem Tod der jüngsten Tochter, Susanne von Bülow, im Januar 2025 entschied sich die Erbengemeinschaft, den Nachlass in professionelle museale Hände zu geben – und wählte Frankfurt als „Hochburg der Komischen Kunst“.

Bereits im Sommer sichteten Museumsleiter Martin Sonntag und Sammlungsleiter Thomas Kronenberg den Bestand am Starnberger See. In enger Abstimmung mit der Familie und mit Till Kaposty-Bliss, dem neuen Geschäftsführer des Studio Loriot, wurde der Nachlass Stück für Stück in das Archiv des Caricatura Museums überführt.

Pfeifen, Platten und ein berühmter Schreibtisch

Der Umfang des Konvoluts ist beträchtlich: Neben Originalzeichnungen gehören dazu Loriots legendäre Langspielplattensammlung, Bühnenmodelle seiner Operninszenierungen sowie persönliche Gegenstände. Darunter finden sich seine Pfeifensammlung, eine Kiste mit rätselhaften Schlüsseln und der Schreibtisch, an dem viele der bekannten Cartoons entstanden.

„Sie können sich ausmalen, mit welchem Respekt wir diesen Kulturschatz entgegengenommen haben“, sagte Sonntag. Loriot sei „der wohl bedeutendste Künstler aus dem Bereich der Komik in Deutschland“. Seine Formulierungen seien als geflügelte Worte in den Sprachgebrauch eingegangen, und „was wäre Weihnachten ohne die Hoppenstedts?“ Schon mit der großen Jubiläumsschau habe man dem Haus großes Vertrauen entgegengebracht; seitdem bestehe ein enger Kontakt zu Familie und Studio.

Studio Loriot zieht an den Main

Mit dem Nachlass kommt auch eine zentrale Institution des Loriot-Erbes nach Frankfurt: Das Studio Loriot verlegt seinen Sitz von Berlin an den Weckmarkt.

„Das Vertrauen entstand über die gute Zusammenarbeit zur großen Jubiläumsausstellung und den intensiven Austausch nach deren Beendigung“, erläutert Geschäftsführer Till Kaposty-Bliss. Als Co-Kurator der Schau habe er das Museum „in all seinen Facetten kennen und schätzen gelernt“. Vor dem Hintergrund der Frage, wohin der Nachlass gehen solle, sei die Entscheidung schnell gefallen: nach Frankfurt ins Caricatura. „Hier eröffnen wir nun auch das Studio Loriot, das bislang in Berlin angesiedelt war.“

Loriots Enkel Leo von Bülow-Quirk, Sprecher der Familie, betont die persönliche Komponente: „Hier haben wir auch als Familie das Gefühl, dass sich die Werke und persönlichen Stücke wirklich in guten Händen befinden.“ Man habe in den vergangenen Monaten „in einem engen und guten Austausch“ gestanden und schnell „ein gutes Gefühl für eine Vergabe nach Frankfurt“ entwickelt.

Ein Kreis schließt sich – Loriot und die Neue Frankfurter Schule

Die Wahl Frankfurts ist auch biografisch begründet. Loriot entwarf das erste Titelbild des Satiremagazins „Pardon“, das im Frankfurter Bärmeier & Nikel Verlag erschien – jenem Verlag, der auch die ersten Bücher Loriots veröffentlichte. Dort fanden sich die Künstler der Neuen Frankfurter Schule zusammen, deren Arbeiten heute den Grundstock der Sammlung des Caricatura Museums bilden.

Mit der Übersiedlung des Nachlasses schließt sich damit ein Kreis: Die Künstler der Neuen Frankfurter Schule und Loriot waren einander freundschaftlich verbunden und begegneten sich mit gegenseitiger Hochachtung. Die Jubiläumsausstellung im Caricatura Museum hatte diese Nähe bereits eindrucksvoll vor Augen geführt.

Dauerhafte Präsentation als Auftrag

Mit der Dauerleihgabe verbindet die Familie von Bülow eine klare Erwartung: Das Werk soll nicht im Depot verschwinden, sondern dauerhaft – zumindest in Teilen – der Öffentlichkeit zugänglich sein.

Hartwig verweist auf die „Bedeutung und Strahlkraft“ dieses Schritts für Frankfurt – und auf die Verpflichtung, die damit einhergeht. Die Übergabe des Nachlasses sei mit der Verabredung einer dauerhaften Präsentation verbunden. „Jetzt liegt es an uns, wie die Geschichte weitergeschrieben wird“, sagte die Kulturdezernentin. Man wolle gemeinsam ein Konzept entwickeln, „das dem künstlerischen Erbe Loriots gerecht wird“. Wann und in welcher Form der Nachlass in angemessener Weise gezeigt werden könne, solle „in aller Ruhe und vor allem fundiert erarbeitet werden“.

Sie ist überzeugt, dass Frankfurt damit seinen Anspruch als „Satirehauptstadt der Bundesrepublik“ untermauern kann. Die Sammlung des Caricatura Museums präsentiere sich mit dem Loriot-Nachlass und dem bisherigen Bestand nicht nur als zentrale Sammlung der deutschen Satire der Nachkriegszeit, sondern zugleich als bedeutender Zeuge der Kultur- und Zeitgeschichte der Bundesrepublik.

Inventur vor der Inszenierung

Zunächst aber steht die geduldige Museumsarbeit an. „Als Erstes gilt es nun allerdings, das Konvolut Loriots sachgerecht zu inventarisieren und somit eine Arbeitsgrundlage für weitere Schritte zu legen“, betont Sonntag.

Auch Kaposty-Bliss unterstreicht, dass das humoristische Erbe Loriots nicht im Archiv verschwinden dürfe. Es sei „viel zu wertvoll, um dauerhaft in einem Depot zu nisten“. Ziel sei es, in Frankfurt einen Ort zu schaffen, „an dem sein Werk in Auszügen dauerhaft dem Publikum gezeigt werden kann“.

Enkel von Bülow-Quirk blickt der Zusammenarbeit optimistisch entgegen: „Wir stehen als Familie im engen Austausch mit dem Museum, und zusammen mit dem Studio Loriot haben wir ein Trio, in dem wir uns bisher sehr gut verständigen konnten. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit und die Umsetzung der vielen Ideen für die Präsentation der Werke.“

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