Es soll ein Ort der Begegnung werden, der Toleranz und der Tradition. Auf jeden Fall aber wird die Jüdische Akademie in Frankfurt ein deutschlandweit einmaliges Projekt. Das Haus soll an die Tradition des jüdischen Lehrhauses anknüpfen, dessen Schließung die Nazi-Diktatur erzwang – und dem intellektuellen jüdischen Leben ein neues Zuhause geben.
„Das 1920 gegründete Jüdische Lehrhaus war weit mehr als eine religiös orientierte Institution“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann anlässlich des Spatenstichs in der vergangenen Woche. Die Zeremonie fand auf dem künftigen Standort der Akademie statt. 2023 soll das Haus an der Senckenberganlage fertig gestellt sein. Doch schon knapp zweieinhalb Jahre zuvor war das Interesse enorm. Neben Vertretern der Presse waren neben Feldmann unter anderem Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Frankfurts Bürgermeister und Kirchendezernent Uwe Becker, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sowie, in Vertretung von Bundesinnenminister Horst Seehofer, Staatssekretär Markus Kerber vor Ort.
In seiner Ansprache blickte der Oberbürgermeister in die Zukunft, aber auch in die Vergangenheit: „Es ging schon damals um Sinnstiftung, um eine jüdische Kultur, die in ihrer Dynamik Tradition und Gegenwart vereint“, so Feldmann. „Es war das, was man heute einen Thinktank nennt. Hier dozierten intellektuelle Schwergewichte wie Martin Buber, Leo Löwenthal, Bertha Pappenheim oder Siegfried Kracauer. Dass der Zentralrat der Juden mit der Jüdischen Akademie an diese stolze Tradition anknüpft, ist ein großer Gewinn für das intellektuelle Leben in Deutschland. Dieses Haus wird zentraler Ankerpunkt der jüdischen Perspektive sein. Es wird den gesellschaftlichen Diskurs bereichern, ihn vielfältiger und vielschichtiger machen. Wir sind stolz darauf, dass dieses Haus in unserer Heimatstadt Frankfurt stehen wird – sicherlich bis heute die jüdischste Stadt Deutschlands.“
„Ich freue mich sehr, dass die Umsetzung der Jüdischen Akademie mehr und mehr Gestalt annimmt und nun auch das bauliche Startsignal erfolgt. Frankfurt knüpft damit umso mehr an seine historische Bedeutung als geistiges Zentrum jüdischen Lebens im deutschsprachigen Raum Europas an. Die Jüdische Akademie wird die Bandbreite einer lebendigen Religion einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen, die jüdische Sicht auf die Entwicklung der Gesellschaft aufzeigen und so das religiöse, kulturelle und gesellschaftliche Leben in Frankfurt am Main, Hessen und Deutschland insgesamt bereichern und mitprägen können. Gerade in einer Zeit vielfältiger Umbrüche kann dieser besondere jüdische Thinktank in der jüdischsten Stadt Deutschlands ein ganz besonderer Ort für den Diskurs über die die Zukunft unserer bunten und vielfältigen Gesellschaft werden“, sagte Uwe Becker.
Die Dezernentin für Kultur und Wissenschaft, Ina Hartwig, ergänzte: „Mit der Jüdischen Akademie entsteht in Frankfurt ein weiteres intellektuelles Zentrum, das sich explizit der Förderung der Pluralität und ihrer Akzeptanz durch politische Bildung verschreibt. Eine wichtige und aktuelle Aufgabe für unsere moderne Gesellschaft. Die Jüdische Akademie wird die Diskurslandschaft zu Kultur, Politik, Demokratie, Erinnerungskultur und vielem mehr in Frankfurt, Deutschland und weltweit um die jüdische Perspektiven bereichern. Ich bin stolz und gleichzeitig dankbar, dass die Jüdische Akademie hier in Frankfurt am Main entsteht.“
Der Bau der Jüdischen Akademie wurde vom Frankfurter Architekten Zvonko Turkali entworfen. Die Gesamtkosten des Projekts sind mit 34,5 Millionen Euro angesetzt, die vom Bund, dem Land Hessen, der Stadt Frankfurt und dem Zentralrat der Juden getragen werden. 2024 soll die Jüdische Akademie ihren Betrieb aufnehmen.
Die Jüdische Akademie steht in der Tradition des in den 1920er Jahren gegründeten Jüdischen Lehrhauses, das in Frankfurt von Franz Rosenzweig geleitet wurde. In der Akademie sollen wichtige öffentliche Diskurse aufgegriffen und um die jüdische Perspektive bereichert werden. Damit will die Jüdische Akademie einen Beitrag dazu leisten, die Akzeptanz für religiöse und kulturelle Pluralität in Deutschland zu erhöhen.