RICHARD OELZE, „ARCHAISCHES FRAGMENT“ (1935) ist Neuzugang in der Städel-Sammlung.
Das Städel Museum freut sich über einen ganz besonderen Neuzugang für seine Sammlung. Genauer gesagt für den Bereich des Surrealismus. Der wird ab sofort durch ein Hauptwerk des deutschen Surrealisten Richard Oelze (1900–1980) bereichert. Der Städelsche Museums-Verein und das Städel Museum konnten mit großzügiger Unterstützung der Kulturstiftung der Länder sowie einem Zuschuss der Kurt und Marga Möllgaard-Stiftung Oelzes Gemälde Archaisches Fragment (1935) aus Privatbesitz erwerben. Das lange Zeit als verschollen gegoltene Werk ist eine von nur drei großformatigen Arbeiten aus Oelzes wichtigster Schaffensphase in Paris – die beiden anderen Werke, Erwartung (1935–36) sowie Tägliche Drangsale (1934) befinden sich im Museum of Modern Art in New York und in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf. Nach sorgsamen Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen ist das Archaische Fragment ab sofort in einer eigens eingerichteten Kabinettpräsentation in der Sammlung der Kunst der Moderne des Städel Museums zu sehen.
„Richard Oelze hat in seinem Leben nur extrem wenige Großformate gemalt. Umso mehr freut es uns, dass wir – gemeinsam mit dem Städelschen Museums-Verein und mit großzügiger Unterstützung der Kulturstiftung der Länder – die Gelegenheit ergreifen konnten, eines dieser Hauptwerke des deutschen Surrealismus für unsere Sammlung zu gewinnen“, so Städel Direktor Dr. Philipp Demandt.
In seinen Pariser Jahren pflegte Richard Oelze Kontakte zu den Hauptvertretern der surrealistischen Bewegung, darunter André Breton, Max Ernst, Yves Tanguy und Salvador Dalí, deren Ideen und Gestaltungsweisen deutliche Spuren in seinem Werk hinterließen. Die Künstler dieser Gruppe waren vor allem an Themen interessiert, die sich der menschlichen Logik widersetzten. Träume, Visionen und das Erkunden des Unterbewussten waren ihr zentrales Anliegen. In Archaisches Fragment mischen sich die fantastischen Motive der Surrealisten mit der präzisen Malweise der Neuen Sachlichkeit, die Oelze durch seine Dresdner Lehrer Otto Dix und Richard Müller kennen gelernt hatte. Obwohl äußerst detailliert gemalt, entzieht sich das Dargestellte einer abschließenden Deutung: Vor dem Hintergrund einer unwirklichen Landschaft schwebt ein animiert wirkendes Mischgebilde, in dem Anklänge an Pflanzen und Tiere mit menschlichen Körperformen verschmelzen. Vertrautes und Fremdartiges treffen aufeinander und verbinden sich in der surrealistischen Logik zu einer beunruhigenden Landschaft des Inneren. Der Künstler spielt dabei auch mit erotischen Untertönen, erweckt Ängste und Begierden, die wie ein „archaisches Fragment“ in der menschlichen Psyche schlummern.
„Eine der Kernaufgaben eines lebendigen Museums ist der kontinuierliche Ausbau seiner Sammlung. Umso mehr freue ich mich, dass der Städelsche Museums-Verein, als ältester und größter Mäzen des Hauses, mit dem Ankauf des Archaischen Fragments erneut dazu beitragen konnte, die Frankfurter Sammlung auf höchstem Niveau weiterzuentwickeln“, betont Sylvia von Metzler, Vorsitzende des Städelschen Museums-Vereins.
Restaurierung und Konservierung
Das in seiner Originalsubstanz vorzüglich erhaltene Gemälde wurde von Stephan Knobloch, dem Leiter der Gemälderestaurierung im Städel Museum, einer behutsamen Restaurierung und Konservierung unterzogen, die die Abnahme von Flicken auf der Rückseite, das Schließen von kleineren Leinwandrissen und die Abnahme zweier vergilbter Firnisschichten sowie älterer Retuschen beinhaltete. So konnte die Erscheinung des Gemäldes wieder seinem Originalzustand angenähert werden. Nicht nur das originale Kolorit ist wieder erkennbar, sondern auch die vom Künstler gewollte Perspektive der gesamten Bildkomposition. Ein in den 1920er- und 1930er-Jahren häufig verwendetes Rahmenprofil wurde für das Oelze-Gemälde passend kopiert und mit einer für die Zeit typischen Fassung versehen.
Kabinettpräsentation
Innerhalb der Städelschen Sammlung ergänzt Archaisches Fragment das bereits 1979 erworbene Oelze-Gemälde Gefährlicher Wunsch (1936). Die beiden Bilder stehen – gemeinsam mit drei weiteren Werken aus Privatbesitz – im Zentrum einer neu eingerichteten Kabinettpräsentation in der Sammlung Kunst der Moderne, die einen konzentrierten Blick auf das Werk Richard Oelzes und seine innovative und eigenständige Position innerhalb der surrealistischen Bewegung ermöglicht. Die Präsentation läuft bis zum 21. Oktober 2018 in Kabinett 1.11.1 des Städel Gartenflügels.