Ensemble Modern interpretiert Frankfurter Glockenkonzert zu Pfingsten neu
Wenn am Pfingstsamstag die Glocken der Frankfurter Innenstadtkirchen erklingen, wird das traditionsreiche Stadtgeläute erstmals in einer neuen künstlerischen Fassung zu hören sein. Unter dem Titel „supra urbem“ – „über der Stadt“ – haben Hermann Kretzschmar und Rainer Römer vom Ensemble Modern das akustische Ereignis neu gestaltet. Die Uraufführung findet am 7. Juni von 16.30 bis 17 Uhr statt und lädt dazu ein, die vertrauten Glockenklänge in einer bislang ungewohnten Struktur zu erleben.
Das Große Stadtgeläute ertönt nur viermal im Jahr – an den Samstagen vor Ostern, Pfingsten, dem ersten Advent und an Heiligabend. Es vereint die Glocken von zehn Kirchen in der Innenstadt zu einem gemeinsamen Klangereignis im öffentlichen Raum. In der neuen Fassung werden die Glocken zunächst einzeln vorgestellt – von den höchsten bis zu den tiefsten Tönen. So wird ihre jeweilige klangliche Eigenart erfahrbar, ehe sie sich nach etwa einer Viertelstunde zum vertrauten Gesamtklang verbinden.
„Jede Glocke hat ein eigenes Profil, doch zusammen ergeben sie ein harmonisches Ganzes“, sagt Kretzschmar. Die Idee zur Neugestaltung sei an Heiligabend entstanden, berichtet Römer, als er das Geläute wie so oft bei einem Spaziergang erlebte. „Wir wollten dem Moment mehr Raum geben und die Vielfalt der Klänge stärker hervorheben.“ Die Stadt zeigte sich offen, die Kirchen ebenfalls.
Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff, auch zuständig für die Dotationskirchen, begrüßte das Vorhaben: „Mich hat fasziniert, bei einem so traditionellen Klangerlebnis etwas Neues zu wagen. Es ist ein Projekt, das zwei bedeutende Frankfurter Institutionen zusammenführt.“ Besonders lobte er die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Stadt, Ensemble und Kirchen.
Der Titel „supra urbem“ entstammt einem Reisebericht von Thomas Mann, in dem der Schriftsteller den Klang römischer Glocken beschreibt, die über der Stadt zu schweben scheinen – ein Bild, das auch auf Frankfurt passt.
Künftig soll diese Fassung jeweils am Pfingstwochenende erklingen. Zu den übrigen Anlässen bleibt es bei der traditionellen Version, die seit 1954 nach dem Konzept des Glockensachverständigen Paul Smets erklingt. Christian Fausch, Geschäftsführer des Ensemble Modern, sieht in dem Projekt „eine neue Form der Verbundenheit mit der Stadt – vielleicht auch in überraschender Weise“.
Empfohlen wird, dem Geläute bei einem Spaziergang durch die Innenstadt zu lauschen. Eine feste Route gibt es nicht – aber viele Perspektiven auf ein Klangereignis, das den Stadtraum in Musik verwandelt.