Die neue Ausstellung im Senckenberg Naturmuseum zeigt, wie kleinste Funde das Bild einer untergegangenen Welt formen
Ein Zahn, ein Knochensplitter, ein Stück versteinerter Baumrinde: Was auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, ist für Paläontologen oft der Schlüssel zu großen Geschichten. Im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt rückt ab dem 19. September die Sonderausstellung „Edmond: Die letzten Tage der Dinosaurier“ diese kleinen Funde ins Zentrum – und macht sichtbar, wie sie das Bild einer ganzen Epoche formen.
Im Mittelpunkt steht „Edmond“, ein Edmontosaurus, einer der letzten Pflanzenfresser vor dem Massenaussterben vor 66 Millionen Jahren. Das Fossil ist außergewöhnlich gut erhalten, selbst Hautabdrücke sind erkennbar. „Edmond ist einer der wertvollsten Schätze unseres Hauses“, sagt die kommissarische Museumsleiterin Eva Roßmanith. Doch die Ausstellung will mehr zeigen als das spektakuläre Skelett. „Die eigentliche Forschungsarbeit geschieht an winzigen Fragmenten, die wir wie Puzzleteile zusammensetzen“, ergänzt Kurator Omar Rafael Regalado Fernández.
Knochenpuzzle aus Wyoming
Eine besondere Quelle liefert ein Gesteinsblock, der 2019 aus Wyoming nach Frankfurt gebracht wurde. In ihm fanden die Forscher zahllose Knochenreste, Pflanzenfragmente und Spuren fossiler Ökosysteme. Die Schichten stammen aus einem Flussufer der späten Kreidezeit. „Ein Quadratmeter des Blocks zeigt eindrucksvoll, wie dicht die Funde liegen“, erklärt Fernández. Die Ablagerungen berichten von Herden pflanzenfressender Dinosaurier, Raubsauriern, Krokodilen, Fischen, Schildkröten und Fröschen – und sogar von Waldbränden und jahreszeitlichen Wechseln.
Manche Knochen erzählen Krankengeschichten: So deuten Verletzungen am Schwanz eines Hadrosauriers auf Arthritis hin, während beschädigte Zähne eines Krokodils der Gattung Brachychampsa auf Infektionen schließen lassen. Bissspuren an Schildkrötenpanzern verraten die Rollen in der Nahrungskette.
Ein Ökosystem wird lebendig
Auch die Pflanzenwelt wird rekonstruiert: Blattabdrücke, Samen und Bernstein belegen ein Klima, das im Durchschnitt sechs Grad wärmer war als heute. Zypressen und Palmfarne prägten die Landschaft. Unterschiedlich große Knochenfunde desselben Tieres lassen zudem Rückschlüsse auf Wachstumsstadien und Herdenverhalten zu.
Alle Befunde fließen in ein detailreiches Diorama, das eine Szene am Flussbett von Wyoming nachzeichnet – mit Dinosauriern, Amphibien, Krokodilen und dem Zirpen von Zikaden. Eine großformatige digitale Projektion zeigt zudem, wie die gefundenen Knochen im Körper eines Edmontosaurus lagen.
Förderung und Vermittlung
Die Ausstellung wird von der Lipoid Stiftung und der DZ BANK Stiftung unterstützt. „Uns begeistert, wie aus kleinsten Funden ein Gesamtbild entsteht“, sagt Lipoid-Geschäftsführer David Kossen. Kirsten Siersleben von der DZ BANK Stiftung hebt hervor, wie das Senckenberg-Museum uralte Geschichte lebendig vermittelt: „Plastisch, digital und zugleich mit starkem Bezug zur Jetztzeit.“
Mit „Edmond“ und den Spuren seiner Zeitgenossen öffnet sich den Besuchern nicht nur ein Blick auf die letzten Tage der Dinosaurier – sondern auch auf die detektivische Arbeit, die diesen Blick erst möglich macht.












