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Gedenkveranstaltung für Fritz Bauer

02.07.2018 | 08:12 Uhr | Leute
Gedenkveranstaltung für Fritz Bauer

(ffm) In der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1968 verstarb Fritz Bauer. Mit einer Gedenkstunde in der Paulskirche am Sonntag, 1. Juli, erinnerte das Fritz Bauer Institut an die Verdienste des engagierten Juristen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte den ehemaligen hessischen Generalstaatsanwalt in seiner Rede, der Historiker Norbert Frei beleuchtete in seinem Gedenkvortrag die Rezeptionsgeschichte Bauers. Staatsminister Tarek Al-Wazir richtete ein Grußwort an die Gäste, Oberbürgermeister Peter Feldmann rief dazu auf, sich auch heute noch an Fritz Bauer zu orientieren.

Fritz Bauer, 1903 in Stuttgart geboren, wurde während der NS-Zeit aus politischen und „rassischen“ Gründen verfolgt und kurzzeitig inhaftiert. Er emigrierte erst nach Dänemark und floh dann nach Schweden. Nach seiner Rückkehr aus dem Exil wurde Bauer zur treibenden Kraft für die strafrechtliche Ahndung der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen. 1956 wurde er Generalstaatsanwalt in Hessen, fortan zog er eine Vielzahl von Prozessen nach Frankfurt am Main.

„Frankfurt wurde in den 1950er Jahren wieder zum Zentrum kritischer Wissenschaft und kultureller Auseinandersetzung. Die Anstrengungen der Frankfurter Justiz zur Ahndung nationalsozialistischer Verbrechen wird Bauer nicht nur zur Kenntnis genommen haben“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann. Zwischen 1946 und 1948 wurden vier Prozesse vor dem Landgericht wegen so genannter Euthanasie-Morde geführt, 1953 sorgte das Urteil im Wollheim-Prozess für Furore. Es war der Anlass für die Debatte um Entschädigung von Zwangsarbeitern durch die Industrie. „Bei seinem Vorhaben, NS-Täter vor Gericht zu bringen, konnte Fritz Bauer auf die Unterstützung des hessischen Justizministers zählen“, erklärte Feldmann. „Fritz Bauer tat, was er konnte.“

Dem Generalstaatsanwalt ging es darum, erstmals auf breiter Basis Informationen darüber zu sammeln, welche Verbrechen an Juden, Insassen von Heilanstalten, Sinti, Roma, Homosexuellen, so genannten Asozialen und anderen verfolgten Gruppen verübt worden waren. Und er wollte die Verantwortung der deutschen Gesellschaft für das Geschehen thematisieren. Sein aufklärerisch-kritischer Ansatz wies weit über den Gerichtssaal hinaus.

Bauer hatte wesentlichen Anteil am Zustandekommen des 1961 in Jerusalem geführten Eichmann-Prozesses. Das größte und wichtigste Strafverfahren, das er in Frankfurter initiierte, war der erste Auschwitz-Prozess (1963-1965). Bauer äußerte sich noch während des Ermittlungsverfahrens dazu: „Aber man muss sich hierbei bewusst machen, dass ja diese Prozesse nicht der Rache und Vergeltung dienen. Für uns ist hier der Gedanke entscheidend, im Prozess die Vergangenheit durchsichtig zu machen und einen Beitrag zur deutschen Geschichte zu leisten. Hierin liegt für mich der tiefe Sinn all dieser Prozesse.“ (Weltbild, 31.1.1961).

Fritz Bauer sah sich verpflichtet, in die Öffentlichkeit hinein zu wirken. Peter Feldmann würdigte Bauers Bestreben: „Regelmäßige Auftritte im Hessischen Rundfunk sorgten bald für seine Bekanntheit. Bauer war zu ungezählten Anlässen als Redner eingeladen, traf sich in Debattierclubs mit politischen Gegnern und suchte den Kontakt zur Jugend.“ Oft sprach Bauer von der „Selbstaufklärung“ der deutschen Gesellschaft über die NS-Verbrechen, die er erreichen wollte und auf die er setzte, weil er sie für die Basis eines demokratischen Rechtsbewusstseins hielt.

Das 1995 gegründete Fritz Bauer Institut, eine der ersten Initiativen, die an Fritz Bauers Leistungen erinnerten, untersucht und dokumentiert die Geschichte der nationalsozialistischen Massenverbrechen – insbesondere des Holocaust – und deren Wirkung bis in die Gegenwart. „Fritz Bauer hat erreicht, dass eine breite Öffentlichkeit sich damals mit den NS-Verbrechen befasst hat und trug außerdem dazu bei, dass die zeithistorische Forschung sich dem Thema gewidmet hat. Ganz in diesem Sinne geht es uns darum, durch unsere Arbeit kritisches Geschichtsbewusstsein zu fördern“, sagt die Zeithistorikerin Sybille Steinbacher, Direktorin des Fritz Bauer Instituts.

„Fritz Bauer ist in den Jahren, die er in Frankfurt lebte, mit der Stadt verwachsen, die ihm ein politisches, ein persönliches Zuhause geboten hat“, sagte der Oberbürgermeister. Und doch habe er sich mit Beginn der Ermittlungen zum Auschwitz-Prozess bedroht gefühlt, verfolgt von anonymen Anrufen und Drohungen. Wie sehr sich Bauer Anfeindungen ausgesetzt sah, ist Teil der Erzählung im deutschen Spielfilm „ Der Staat gegen Fritz Bauer“ aus dem Jahr 2015.

„Die Bezüge sind aktuell: Vertreter der Justiz, Politiker, Journalisten, die sich kritisch zur Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus stellen, müssen wieder mit Anfeindungen rechnen. Längst glaubten wir, diese Situation hinter uns gelassen zu haben. Ich finde es daher nicht nur angemessen, sondern erforderlich, dass wir uns an Fritz Bauer orientieren. Fritz Bauer hat nie etwas beschönigt. Doch hat er nie aufgegeben zu kämpfen.“

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