Wie verändert Technologie unseren Blick auf die Natur? Das Londoner Künstlerkollektiv Troika geht dieser Frage in der Ausstellung „Buenavista“ nach, die vom 7. März bis 21. April 2025 in der Schirn Kunsthalle Frankfurt zu sehen ist. Wie bereits in der letzten großen Ausstellung zu Hans Haacke spielt Licht als Gestaltungselement eine entscheidende Rolle. Die immersive Installation kombiniert neue und bestehende Arbeiten und thematisiert die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in einer Welt, in der menschliche, tierische und maschinelle Wahrnehmung miteinander verschmelzen.
Seit ihrer Gründung im Jahr 2003 beschäftigen sich die Künstler Eva Rucki, Conny Freyer und Sebastien Noel mit den Schnittstellen von Technologie und Natur. Ihre Arbeiten überschreiten dabei die Grenzen von Skulptur, Malerei, Film und Installation. In Frankfurt präsentieren sie eine immersive Erfahrung, die die Mechanismen hinter unseren Wahrnehmungsmustern untersucht und hinterfragt, wie moderne Technologien unsere Beziehung zur Umwelt formen.
Technologie als Filter der Wahrnehmung
Die Ausstellung stellt eine Welt dar, in der Menschen nicht mehr die einzigen intelligenten Akteure sind. Neben der menschlichen existieren auch tierische, pflanzliche und künstliche Intelligenzen, die gemeinsam ein neues Bild von Umwelt und Wahrnehmung formen. Wie verändert sich unser Blick auf die Natur, wenn sie durch digitale Modelle und maschinelles Lernen gefiltert wird? Welche Lebensformen könnten in dieser durch Algorithmen vermittelten Welt entstehen?
Diese Fragen verhandelt Troika in großformatigen Videoarbeiten, installativen Skulpturen und einer mehrkanaligen Klanginstallation. „Buenavista“ – der titelgebende Film – zeigt eine fortlaufend generierte Panoramalandschaft, in der sich eine geheimnisvolle Gestalt bewegt: ein Kuka-Industrieroboter mit langem braunem Haar. Seine rituellen Drehbewegungen stehen sinnbildlich für die rastlose Suche nach der „schönen Aussicht“, die sich in der heutigen Welt oft auf das unendliche Scrollen durch digitale Bilderwelten reduziert.
Die Soundinstallation „I Am a River“, inspiriert von den mystischen Schriften des persischen Dichters Rumi, verstärkt diese Dynamik. Die Klänge oszillieren zwischen Verständlichkeit und akustischer Abstraktion – ein Spiegel der sich wandelnden Landschaft, die sich den menschlichen Sinnen immer wieder entzieht.
Menschliche Sehnsucht im digitalen Zeitalter
Die Installation „Anima Atman“ fordert die menschliche Wahrnehmung auf subtile Weise heraus. Bewegungen von Disteln, verstärkt durch das Flackern von LED-Licht, lassen die Pflanzen lebendig erscheinen und stellen die Frage, ob unsere Sehgewohnheiten uns täuschen. Ergänzt wird die Schau durch die Malereiserie „Irma Watched Over by Machines“, die auf digitale Überwachungsbilder von Hurrikan Irma (2017) zurückgeht. Die Naturkatastrophe wird hier in reduzierten Farbcodes dargestellt – ein kühler, maschineller Blick auf ein zutiefst menschliches Drama.
Kuratorin Dehlia Hannah beschreibt die Ausstellung als eine Reflexion über unsere veränderte Beziehung zur Welt: „Früher musste man einen Berg besteigen, um eine atemberaubende Aussicht zu genießen. Heute scrollen wir durch Bilderströme, die uns Natur als Kulisse, als Sehnsuchtsort, aber auch als Katastrophenszenario präsentieren. Troika lädt uns ein, über diese digital vermittelte Umwelt nachzudenken – und über unsere eigene Rolle darin.“
Sebastian Baden, Direktor der Schirn Kunsthalle, betont die gesellschaftliche Relevanz der Schau: „Troika macht erfahrbar, wie sich unsere Welt durch Technologie verändert. Die Ausstellung konfrontiert uns mit hochaktuellen Fragen zu Künstlicher Intelligenz, Digitalisierung und unserer Verantwortung als Menschen.“
Zwischen Fortschritt und Kontrollverlust
Die Werke in „Buenavista“ bewegen sich an der Grenze zwischen wissenschaftlicher Analyse und spekulativer Zukunftsvision. Sie fragen, ob sich künstliche Intelligenzen von den menschlichen Paradigmen der Effizienz und Optimierung lösen können – oder ob sie diese verstärken und damit die ökologischen und gesellschaftlichen Krisen unserer Zeit weiter vorantreiben.
Die Ausstellung wird gefördert von den Schirn Zeitgenossen, der Aventis Foundation sowie weiteren Partnern.
Interessierte können die Ausstellung bis zum 21. April 2025 in der Schirn Kunsthalle Frankfurt besuchen.